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Goethe, Johann Wolfgang von: Die neue Melusine. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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zu eigner Bildung eine Bedingung gefallen lassen, wie denn Jeder, der unter uns leben will, sich von einer gewissen Seite bedingen muß, wenn ihm nach anderen Seiten hin die größere Freiheit gewährt ist. Dieser also hat nun auf die Sprache Verzicht gethan, insofern etwas Gewöhnliches oder Zufälliges durch sie ausgedrückt wird; daraus aber hat sich ihm ein anderes Redetalent entwickelt, welches absichtlich, klug und erfreulich wirkt, die Gabe des Erzählens nämlich. Sein Leben ist reich an wunderlichen Erfahrungen, die er sonst zu ungelegener Zeit schwätzend zersplitterte, nun aber durch Schweigen genöthigt im stillen Sinne wiederholt und ordnet. Hiermit verbindet sich denn die Einbildungskraft und verleiht dem Geschehenen Leben und Bewegung. Mit besonderer Kunst und Geschicklichkeit weiß er wahrhafte Märchen und märchenhafte Geschichten zu erzählen, wodurch er oft zur schicklichen Stunde uns gar sehr ergötzt, wenn ihm die Zunge durch mich gelös't wird; wie ich denn gegenwärtig thue, und ihm zugleich das Lob ertheile, daß er sich in geraumer Zeit, seitdem ich ihn kenne, noch niemals wiederholt hat. Nun hoff' ich, daß er auch diesmal, unserm theuren Gast zu Lieb' und Ehren, sich besonders hervorthun werde.

Ueber das Gesicht des Rothmantels verbreitete sich eine geistreiche Heiterkeit, und er fing ungesäumt folgendermaßen zu sprechen an:

Hochverehrte Herren! da mir bekannt ist, daß Sie vorläufige Reden und Einleitungen nicht besonders lieben, so will ich ohne weiteres versichern, daß ich diesmal vor-

zu eigner Bildung eine Bedingung gefallen lassen, wie denn Jeder, der unter uns leben will, sich von einer gewissen Seite bedingen muß, wenn ihm nach anderen Seiten hin die größere Freiheit gewährt ist. Dieser also hat nun auf die Sprache Verzicht gethan, insofern etwas Gewöhnliches oder Zufälliges durch sie ausgedrückt wird; daraus aber hat sich ihm ein anderes Redetalent entwickelt, welches absichtlich, klug und erfreulich wirkt, die Gabe des Erzählens nämlich. Sein Leben ist reich an wunderlichen Erfahrungen, die er sonst zu ungelegener Zeit schwätzend zersplitterte, nun aber durch Schweigen genöthigt im stillen Sinne wiederholt und ordnet. Hiermit verbindet sich denn die Einbildungskraft und verleiht dem Geschehenen Leben und Bewegung. Mit besonderer Kunst und Geschicklichkeit weiß er wahrhafte Märchen und märchenhafte Geschichten zu erzählen, wodurch er oft zur schicklichen Stunde uns gar sehr ergötzt, wenn ihm die Zunge durch mich gelös't wird; wie ich denn gegenwärtig thue, und ihm zugleich das Lob ertheile, daß er sich in geraumer Zeit, seitdem ich ihn kenne, noch niemals wiederholt hat. Nun hoff' ich, daß er auch diesmal, unserm theuren Gast zu Lieb' und Ehren, sich besonders hervorthun werde.

Ueber das Gesicht des Rothmantels verbreitete sich eine geistreiche Heiterkeit, und er fing ungesäumt folgendermaßen zu sprechen an:

Hochverehrte Herren! da mir bekannt ist, daß Sie vorläufige Reden und Einleitungen nicht besonders lieben, so will ich ohne weiteres versichern, daß ich diesmal vor-

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T15:38:58Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T15:38:58Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die neue Melusine. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_melusine_1910/12>, abgerufen am 12.12.2024.