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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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ihm alles wie gewöhnlich in Einem Augen¬
blicke, und beym Abschied faßte die schöne
Gräfin Wilhelms Hand, ehe sie noch die
Hand der Schwester los ließ, drückte alle
vier Hände zusammen, kehrte sich schnell um,
und stieg in den Wagen.

So viel schreckliche und wunderbare Be¬
gebenheiten, die sich eine über die andere
drängten, zu einer ungewohnten Lebensart
nöthigten, und alles in Unordnung und Ver¬
wirrung setzten, hatten eine Art von fieber¬
hafter Schwingung in das Haus gebracht.
Die Stunden des Schlafens und Wachens,
des Essens, Trinkens und geselligen Zusam¬
menseyns waren verrückt und umgekehrt.
Außer Theresen war niemand in seinem
Geleise geblieben, die Männer suchten durch
geistige Getränke ihre gute Laune wieder
herzustellen, und, indem sie sich eine künstliche
Stimmung gaben, entfernten sie die natür¬

ihm alles wie gewöhnlich in Einem Augen¬
blicke, und beym Abſchied faßte die ſchöne
Gräfin Wilhelms Hand, ehe ſie noch die
Hand der Schweſter los ließ, drückte alle
vier Hände zuſammen, kehrte ſich ſchnell um,
und ſtieg in den Wagen.

So viel ſchreckliche und wunderbare Be¬
gebenheiten, die ſich eine über die andere
drängten, zu einer ungewohnten Lebensart
nöthigten, und alles in Unordnung und Ver¬
wirrung ſetzten, hatten eine Art von fieber¬
hafter Schwingung in das Haus gebracht.
Die Stunden des Schlafens und Wachens,
des Eſſens, Trinkens und geſelligen Zuſam¬
menſeyns waren verrückt und umgekehrt.
Außer Thereſen war niemand in ſeinem
Geleiſe geblieben, die Männer ſuchten durch
geiſtige Getränke ihre gute Laune wieder
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[493/0497] ihm alles wie gewöhnlich in Einem Augen¬ blicke, und beym Abſchied faßte die ſchöne Gräfin Wilhelms Hand, ehe ſie noch die Hand der Schweſter los ließ, drückte alle vier Hände zuſammen, kehrte ſich ſchnell um, und ſtieg in den Wagen. So viel ſchreckliche und wunderbare Be¬ gebenheiten, die ſich eine über die andere drängten, zu einer ungewohnten Lebensart nöthigten, und alles in Unordnung und Ver¬ wirrung ſetzten, hatten eine Art von fieber¬ hafter Schwingung in das Haus gebracht. Die Stunden des Schlafens und Wachens, des Eſſens, Trinkens und geſelligen Zuſam¬ menſeyns waren verrückt und umgekehrt. Außer Thereſen war niemand in ſeinem Geleiſe geblieben, die Männer ſuchten durch geiſtige Getränke ihre gute Laune wieder herzuſtellen, und, indem ſie ſich eine künſtliche Stimmung gaben, entfernten ſie die natür¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/497>, abgerufen am 22.11.2024.