zu Hülfe, umsonst! Der ungebundene freye Verstand sprach ihn los, sein Gefühl, seine Religion, alle gewohnten Begriffe erklärten ihn für einen Verbrecher.
Eines Morgens fanden wir sein Zimmer leer, ein Blatt lag auf dem Tische, worinn er uns erklärte, daß er, da wir ihn mit Ge¬ walt gefangen hielten, berechtigt sey, seine Freyheit zu suchen; er entfliehe, er gehe zu Sperata, er hoffe mit ihr zu entkommen, er sey auf alles gefaßt, wenn man sie tren¬ nen wollte.
Wir erschracken nicht wenig, allein der Beichtvater bat uns ruhig zu seyn. Unser armer Bruder war nahe genug beobachtet worden; die Schiffer, an statt ihn überzu¬ setzen, führten ihn in sein Kloster. Ermüdet von einem vierzigstündigen Wachen schlief er ein, sobald ihn der Kahn im Monden¬ schein schaukelte, und erwachte nicht früher,
zu Hülfe, umſonſt! Der ungebundene freye Verſtand ſprach ihn los, ſein Gefühl, ſeine Religion, alle gewohnten Begriffe erklärten ihn für einen Verbrecher.
Eines Morgens fanden wir ſein Zimmer leer, ein Blatt lag auf dem Tiſche, worinn er uns erklärte, daß er, da wir ihn mit Ge¬ walt gefangen hielten, berechtigt ſey, ſeine Freyheit zu ſuchen; er entfliehe, er gehe zu Sperata, er hoffe mit ihr zu entkommen, er ſey auf alles gefaßt, wenn man ſie tren¬ nen wollte.
Wir erſchracken nicht wenig, allein der Beichtvater bat uns ruhig zu ſeyn. Unſer armer Bruder war nahe genug beobachtet worden; die Schiffer, an ſtatt ihn überzu¬ ſetzen, führten ihn in ſein Kloſter. Ermüdet von einem vierzigſtündigen Wachen ſchlief er ein, ſobald ihn der Kahn im Monden¬ ſchein ſchaukelte, und erwachte nicht früher,
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zu Hülfe, umſonſt! Der ungebundene freye
Verſtand ſprach ihn los, ſein Gefühl, ſeine
Religion, alle gewohnten Begriffe erklärten
ihn für einen Verbrecher.
Eines Morgens fanden wir ſein Zimmer
leer, ein Blatt lag auf dem Tiſche, worinn
er uns erklärte, daß er, da wir ihn mit Ge¬
walt gefangen hielten, berechtigt ſey, ſeine
Freyheit zu ſuchen; er entfliehe, er gehe zu
Sperata, er hoffe mit ihr zu entkommen,
er ſey auf alles gefaßt, wenn man ſie tren¬
nen wollte.
Wir erſchracken nicht wenig, allein der
Beichtvater bat uns ruhig zu ſeyn. Unſer
armer Bruder war nahe genug beobachtet
worden; die Schiffer, an ſtatt ihn überzu¬
ſetzen, führten ihn in ſein Kloſter. Ermüdet
von einem vierzigſtündigen Wachen ſchlief
er ein, ſobald ihn der Kahn im Monden¬
ſchein ſchaukelte, und erwachte nicht früher,
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 441. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/445>, abgerufen am 22.11.2024.
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