Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

ten, und Fräulein Theresen über das Kind
und über die wahrscheinliche Ursache seines
unerwarteten Todes aufzuklären; denn es
wurden Fremde gemeldet, die, als sie sich
zeigten, keinesweges fremd waren. Lothario,
Jarno, der Abbe traten herein. Natalie
ging ihrem Bruder entgegen, unter den übri¬
gen entstand ein augenblickliches Stillschwei¬
gen. Therese sagte lächelnd zu Lothario:
Sie glaubten wohl kaum mich hier zu fin¬
den, wenigstens ist es eben nicht räthlich, daß
wir uns in diesem Augenblick aufsuchen, in¬
dessen seyn Sie mir, nach einer so langen
Abwesenheit, herzlich gegrüßt.

Lothario reichte ihr die Hand, und ver¬
setzte: wenn wir einmal leiden und entbeh¬
ren sollen, so mag es immerhin auch in der
Gegenwart des geliebten, wünschenswerthen
Gutes geschehen, ich verlange keinen Ein¬
fluß auf Ihre Entschließung, und mein Ver¬

ten, und Fräulein Thereſen über das Kind
und über die wahrſcheinliche Urſache ſeines
unerwarteten Todes aufzuklären; denn es
wurden Fremde gemeldet, die, als ſie ſich
zeigten, keinesweges fremd waren. Lothario,
Jarno, der Abbé traten herein. Natalie
ging ihrem Bruder entgegen, unter den übri¬
gen entſtand ein augenblickliches Stillſchwei¬
gen. Thereſe ſagte lächelnd zu Lothario:
Sie glaubten wohl kaum mich hier zu fin¬
den, wenigſtens iſt es eben nicht räthlich, daß
wir uns in dieſem Augenblick aufſuchen, in¬
deſſen ſeyn Sie mir, nach einer ſo langen
Abweſenheit, herzlich gegrüßt.

Lothario reichte ihr die Hand, und ver¬
ſetzte: wenn wir einmal leiden und entbeh¬
ren ſollen, ſo mag es immerhin auch in der
Gegenwart des geliebten, wünſchenswerthen
Gutes geſchehen, ich verlange keinen Ein¬
fluß auf Ihre Entſchließung, und mein Ver¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0344" n="340"/>
ten, und Fräulein There&#x017F;en über das Kind<lb/>
und über die wahr&#x017F;cheinliche Ur&#x017F;ache &#x017F;eines<lb/>
unerwarteten Todes aufzuklären; denn es<lb/>
wurden Fremde gemeldet, die, als &#x017F;ie &#x017F;ich<lb/>
zeigten, keinesweges fremd waren. Lothario,<lb/>
Jarno, der Abbé traten herein. Natalie<lb/>
ging ihrem Bruder entgegen, unter den übri¬<lb/>
gen ent&#x017F;tand ein augenblickliches Still&#x017F;chwei¬<lb/>
gen. There&#x017F;e &#x017F;agte lächelnd zu Lothario:<lb/>
Sie glaubten wohl kaum mich hier zu fin¬<lb/>
den, wenig&#x017F;tens i&#x017F;t es eben nicht räthlich, daß<lb/>
wir uns in die&#x017F;em Augenblick auf&#x017F;uchen, in¬<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en &#x017F;eyn Sie mir, nach einer &#x017F;o langen<lb/>
Abwe&#x017F;enheit, herzlich gegrüßt.</p><lb/>
            <p>Lothario reichte ihr die Hand, und ver¬<lb/>
&#x017F;etzte: wenn wir einmal leiden und entbeh¬<lb/>
ren &#x017F;ollen, &#x017F;o mag es immerhin auch in der<lb/>
Gegenwart des geliebten, wün&#x017F;chenswerthen<lb/>
Gutes ge&#x017F;chehen, ich verlange keinen Ein¬<lb/>
fluß auf Ihre Ent&#x017F;chließung, und mein Ver¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[340/0344] ten, und Fräulein Thereſen über das Kind und über die wahrſcheinliche Urſache ſeines unerwarteten Todes aufzuklären; denn es wurden Fremde gemeldet, die, als ſie ſich zeigten, keinesweges fremd waren. Lothario, Jarno, der Abbé traten herein. Natalie ging ihrem Bruder entgegen, unter den übri¬ gen entſtand ein augenblickliches Stillſchwei¬ gen. Thereſe ſagte lächelnd zu Lothario: Sie glaubten wohl kaum mich hier zu fin¬ den, wenigſtens iſt es eben nicht räthlich, daß wir uns in dieſem Augenblick aufſuchen, in¬ deſſen ſeyn Sie mir, nach einer ſo langen Abweſenheit, herzlich gegrüßt. Lothario reichte ihr die Hand, und ver¬ ſetzte: wenn wir einmal leiden und entbeh¬ ren ſollen, ſo mag es immerhin auch in der Gegenwart des geliebten, wünſchenswerthen Gutes geſchehen, ich verlange keinen Ein¬ fluß auf Ihre Entſchließung, und mein Ver¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/344
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/344>, abgerufen am 22.11.2024.