Wilhelm konnte sich nunmehr manches Lied, manches Wort dieses guten Kindes er¬ klären. Er bat seinen Freund aufs drin¬ gendste, ihm ja nichts vorzuenthalten, was ihm von den sonderbaren Gesängen und Be¬ kenntnissen des einzigen Wesens bekannt worden sey.
O! sagte der Arzt, bereiten Sie sich auf ein sonderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬ schichte, an der Sie, ohne sich zu erinnern, viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für Tod und Leben dieses guten Geschöpfs ent¬ scheidend ist.
Lassen Sie mich hören, versetzte Wilhelm, ich bin äußerst ungeduldig.
Erinnern Sie sich, sagte der Arzt eines geheimen, nächtlichen, weiblichen Besuchs nach der Aufführung des Hamlets?
Ja ich erinnere mich dessen wohl! rief Wilhelm beschämt, aber ich glaubte nicht
Wilhelm konnte ſich nunmehr manches Lied, manches Wort dieſes guten Kindes er¬ klären. Er bat ſeinen Freund aufs drin¬ gendſte, ihm ja nichts vorzuenthalten, was ihm von den ſonderbaren Geſängen und Be¬ kenntniſſen des einzigen Weſens bekannt worden ſey.
O! ſagte der Arzt, bereiten Sie ſich auf ein ſonderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬ ſchichte, an der Sie, ohne ſich zu erinnern, viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für Tod und Leben dieſes guten Geſchöpfs ent¬ ſcheidend iſt.
Laſſen Sie mich hören, verſetzte Wilhelm, ich bin äußerſt ungeduldig.
Erinnern Sie ſich, ſagte der Arzt eines geheimen, nächtlichen, weiblichen Beſuchs nach der Aufführung des Hamlets?
Ja ich erinnere mich deſſen wohl! rief Wilhelm beſchämt, aber ich glaubte nicht
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0282"n="278"/><p>Wilhelm konnte ſich nunmehr manches<lb/>
Lied, manches Wort dieſes guten Kindes er¬<lb/>
klären. Er bat ſeinen Freund aufs drin¬<lb/>
gendſte, ihm ja nichts vorzuenthalten, was<lb/>
ihm von den ſonderbaren Geſängen und Be¬<lb/>
kenntniſſen des einzigen Weſens bekannt<lb/>
worden ſey.</p><lb/><p>O! ſagte der Arzt, bereiten Sie ſich auf<lb/>
ein ſonderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬<lb/>ſchichte, an der Sie, ohne ſich zu erinnern,<lb/>
viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für<lb/>
Tod und Leben dieſes guten Geſchöpfs ent¬<lb/>ſcheidend iſt.</p><lb/><p>Laſſen Sie mich hören, verſetzte Wilhelm,<lb/>
ich bin äußerſt ungeduldig.</p><lb/><p>Erinnern Sie ſich, ſagte der Arzt eines<lb/>
geheimen, nächtlichen, weiblichen Beſuchs<lb/>
nach der Aufführung des Hamlets?</p><lb/><p>Ja ich erinnere mich deſſen wohl! rief<lb/>
Wilhelm beſchämt, aber ich glaubte nicht<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[278/0282]
Wilhelm konnte ſich nunmehr manches
Lied, manches Wort dieſes guten Kindes er¬
klären. Er bat ſeinen Freund aufs drin¬
gendſte, ihm ja nichts vorzuenthalten, was
ihm von den ſonderbaren Geſängen und Be¬
kenntniſſen des einzigen Weſens bekannt
worden ſey.
O! ſagte der Arzt, bereiten Sie ſich auf
ein ſonderbares Bekenntniß, auf eine Ge¬
ſchichte, an der Sie, ohne ſich zu erinnern,
viel Antheil haben, die, wie ich fürchte, für
Tod und Leben dieſes guten Geſchöpfs ent¬
ſcheidend iſt.
Laſſen Sie mich hören, verſetzte Wilhelm,
ich bin äußerſt ungeduldig.
Erinnern Sie ſich, ſagte der Arzt eines
geheimen, nächtlichen, weiblichen Beſuchs
nach der Aufführung des Hamlets?
Ja ich erinnere mich deſſen wohl! rief
Wilhelm beſchämt, aber ich glaubte nicht
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 278. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/282>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.