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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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glaubte zu ahnden, daß er sie vielleicht auf
diesem Platze bald wieder sehen werde. Ach,
und es war weiter nichts, als daß ein Nach¬
spiel, zu welchem diese Dekoration gehörte,
damals auf dem deutschen Theater sehr oft
gegeben wurde.

In diesen Betrachtungen störten ihn die
übrigen ankommenden Schauspieler, mit de¬
nen zugleich zwey Theater- und Gardero¬
benfreunde herein traten, und Wilhelmen
mit Enthusiasmus begrüßten. Der eine war
gewissermaßen an Madam Melina attachirt;
der andere aber ein ganz reiner Freund der
Schauspielkunst, und beyde von der Art,
wie sich jede gute Gesellschaft Freunde wün¬
schen sollte. Man wußte nicht zu sagen,
ob sie das Theater mehr kannten oder lieb¬
ten? Sie liebten es zu sehr um es recht zu
kennen, sie kannten es genug um das Gute
zu schätzen und das Schlechte zu verbannen.

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glaubte zu ahnden, daß er ſie vielleicht auf
dieſem Platze bald wieder ſehen werde. Ach,
und es war weiter nichts, als daß ein Nach¬
ſpiel, zu welchem dieſe Dekoration gehörte,
damals auf dem deutſchen Theater ſehr oft
gegeben wurde.

In dieſen Betrachtungen ſtörten ihn die
übrigen ankommenden Schauſpieler, mit de¬
nen zugleich zwey Theater- und Gardero¬
benfreunde herein traten, und Wilhelmen
mit Enthuſiasmus begrüßten. Der eine war
gewiſſermaßen an Madam Melina attachirt;
der andere aber ein ganz reiner Freund der
Schauſpielkunſt, und beyde von der Art,
wie ſich jede gute Geſellſchaft Freunde wün¬
ſchen ſollte. Man wußte nicht zu ſagen,
ob ſie das Theater mehr kannten oder lieb¬
ten? Sie liebten es zu ſehr um es recht zu
kennen, ſie kannten es genug um das Gute
zu ſchätzen und das Schlechte zu verbannen.

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[83/0089] glaubte zu ahnden, daß er ſie vielleicht auf dieſem Platze bald wieder ſehen werde. Ach, und es war weiter nichts, als daß ein Nach¬ ſpiel, zu welchem dieſe Dekoration gehörte, damals auf dem deutſchen Theater ſehr oft gegeben wurde. In dieſen Betrachtungen ſtörten ihn die übrigen ankommenden Schauſpieler, mit de¬ nen zugleich zwey Theater- und Gardero¬ benfreunde herein traten, und Wilhelmen mit Enthuſiasmus begrüßten. Der eine war gewiſſermaßen an Madam Melina attachirt; der andere aber ein ganz reiner Freund der Schauſpielkunſt, und beyde von der Art, wie ſich jede gute Geſellſchaft Freunde wün¬ ſchen ſollte. Man wußte nicht zu ſagen, ob ſie das Theater mehr kannten oder lieb¬ ten? Sie liebten es zu ſehr um es recht zu kennen, ſie kannten es genug um das Gute zu ſchätzen und das Schlechte zu verbannen. F 2

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/89>, abgerufen am 21.11.2024.