Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.terschied beyder Dichtungsarten liegt nicht Im Roman sollen vorzüglich Gesinnun¬ terſchied beyder Dichtungsarten liegt nicht Im Roman ſollen vorzüglich Geſinnun¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0081" n="75"/> terſchied beyder Dichtungsarten liegt nicht<lb/> bloß in der äußern Form, nicht darin, daß<lb/> die Perſonen in dem einen ſprechen, und daß<lb/> in dem andern gewöhnlich von ihnen erzählt<lb/> wird. Leider viele Dramas ſind nur dialo¬<lb/> girte Romane, und es wäre nicht unmöglich<lb/> ein Drama in Briefen zu ſchreiben.</p><lb/> <p>Im Roman ſollen vorzüglich <hi rendition="#g">Geſinnun</hi>¬<lb/><hi rendition="#g">gen</hi> und <hi rendition="#g">Begebenheiten</hi> vorgeſtellt wer¬<lb/> den; im Drama <hi rendition="#g">Charactere</hi> und <hi rendition="#g">Thaten</hi>.<lb/> Der Roman muß langſam gehen, und die<lb/> Geſinnungen der Hauptfigur müſſen, es ſey<lb/> auf welche Weiſe es wolle, des Vordringen<lb/> des Ganzen zur Entwickelung aufhalten.<lb/> Das Drama ſoll eilen, und der Charakter<lb/> der Hauptfigur muß ſich nach dem Ende<lb/> drängen, und nur aufgehalten werden. Der<lb/> Romanenheld muß leidend, wenigſtens nicht<lb/> im hohen Grade wirkend ſeyn; von dem<lb/> dramatiſchen verlangt man Wirkung und<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0081]
terſchied beyder Dichtungsarten liegt nicht
bloß in der äußern Form, nicht darin, daß
die Perſonen in dem einen ſprechen, und daß
in dem andern gewöhnlich von ihnen erzählt
wird. Leider viele Dramas ſind nur dialo¬
girte Romane, und es wäre nicht unmöglich
ein Drama in Briefen zu ſchreiben.
Im Roman ſollen vorzüglich Geſinnun¬
gen und Begebenheiten vorgeſtellt wer¬
den; im Drama Charactere und Thaten.
Der Roman muß langſam gehen, und die
Geſinnungen der Hauptfigur müſſen, es ſey
auf welche Weiſe es wolle, des Vordringen
des Ganzen zur Entwickelung aufhalten.
Das Drama ſoll eilen, und der Charakter
der Hauptfigur muß ſich nach dem Ende
drängen, und nur aufgehalten werden. Der
Romanenheld muß leidend, wenigſtens nicht
im hohen Grade wirkend ſeyn; von dem
dramatiſchen verlangt man Wirkung und
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