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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

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bensweise werden soll, mit einer Feyerlichkeit
anfangen dürfe. Man feyre nur was glück¬
lich vollendet ist, alle Zeremonien zum An¬
fange erschöpfen Lust und Kräfte, die das
Streben hervor bringen und uns bey einer
fortgesetzten Mühe beystehen sollen. Unter
allen Festen ist das Hochzeitfest das unschick¬
lichste; keines sollte mehr in Stille, Demuth
und Hoffnung begangen werden als dieses.

So schlich der Tag nun weiter, und Wil¬
helmen war noch keiner jemals so alltäglich
vorgekommen. Statt der gewöhnlichen Un¬
terhaltung Abends fing man zu gähnen an;
das Interesse an Hamlet war erschöpft und
man fand eher unbequem daß er des folgen¬
den Tages zum zweytenmal vorgestellt wer¬
den sollte. Wilhelm zeigte den Schleyer des
Geistes vor, man mußte daraus schließen,
daß er nicht wieder kommen würde. Serlo
war besonders dieser Meynung; er schien

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bensweiſe werden ſoll, mit einer Feyerlichkeit
anfangen dürfe. Man feyre nur was glück¬
lich vollendet iſt, alle Zeremonien zum An¬
fange erſchöpfen Luſt und Kräfte, die das
Streben hervor bringen und uns bey einer
fortgeſetzten Mühe beyſtehen ſollen. Unter
allen Feſten iſt das Hochzeitfeſt das unſchick¬
lichſte; keines ſollte mehr in Stille, Demuth
und Hoffnung begangen werden als dieſes.

So ſchlich der Tag nun weiter, und Wil¬
helmen war noch keiner jemals ſo alltäglich
vorgekommen. Statt der gewöhnlichen Un¬
terhaltung Abends fing man zu gähnen an;
das Intereſſe an Hamlet war erſchöpft und
man fand eher unbequem daß er des folgen¬
den Tages zum zweytenmal vorgeſtellt wer¬
den ſollte. Wilhelm zeigte den Schleyer des
Geiſtes vor, man mußte daraus ſchließen,
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[131/0137] bensweiſe werden ſoll, mit einer Feyerlichkeit anfangen dürfe. Man feyre nur was glück¬ lich vollendet iſt, alle Zeremonien zum An¬ fange erſchöpfen Luſt und Kräfte, die das Streben hervor bringen und uns bey einer fortgeſetzten Mühe beyſtehen ſollen. Unter allen Feſten iſt das Hochzeitfeſt das unſchick¬ lichſte; keines ſollte mehr in Stille, Demuth und Hoffnung begangen werden als dieſes. So ſchlich der Tag nun weiter, und Wil¬ helmen war noch keiner jemals ſo alltäglich vorgekommen. Statt der gewöhnlichen Un¬ terhaltung Abends fing man zu gähnen an; das Intereſſe an Hamlet war erſchöpft und man fand eher unbequem daß er des folgen¬ den Tages zum zweytenmal vorgeſtellt wer¬ den ſollte. Wilhelm zeigte den Schleyer des Geiſtes vor, man mußte daraus ſchließen, daß er nicht wieder kommen würde. Serlo war beſonders dieſer Meynung; er ſchien I 2

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/137>, abgerufen am 21.11.2024.