Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

und der übrigen Gesellschaft vor. Sie be¬
zeugten sich sehr zufrieden damit, besonders
machte Serlo manche günstige Bemerkung.

Sie haben, sagte er unter andern, sehr
richtig empfunden, daß äußere Umstände
dieses Stück begleiten, aber einfacher seyn
müssen, als sie uns der große Dichter gege¬
ben hat. Was außer dem Theater vorgeht,
was der Zuschauer nicht sieht, was er sich
vorstellen muß, ist wie ein Hintergrund, vor
dem die spielenden Figuren sich bewegen.
Die große einfache Aussicht auf die Flotte
und Norwegen wird dem Stück sehr gut
thun; nähme man sie ganz weg, so ist es
nur eine Familienscene, und der große Be¬
grif, daß hier ein ganzes königliches Haus
durch innere Verbrechen und Ungeschicklich¬
keiten zu Grunde geht, wird nicht in seiner
ganzen Würde dargestellt. Bliebe aber je¬
ner Hintergrund selbst mannichfaltig, beweg¬

und der übrigen Geſellſchaft vor. Sie be¬
zeugten ſich ſehr zufrieden damit, beſonders
machte Serlo manche günſtige Bemerkung.

Sie haben, ſagte er unter andern, ſehr
richtig empfunden, daß äußere Umſtände
dieſes Stück begleiten, aber einfacher ſeyn
müſſen, als ſie uns der große Dichter gege¬
ben hat. Was außer dem Theater vorgeht,
was der Zuſchauer nicht ſieht, was er ſich
vorſtellen muß, iſt wie ein Hintergrund, vor
dem die ſpielenden Figuren ſich bewegen.
Die große einfache Ausſicht auf die Flotte
und Norwegen wird dem Stück ſehr gut
thun; nähme man ſie ganz weg, ſo iſt es
nur eine Familienſcene, und der große Be¬
grif, daß hier ein ganzes königliches Haus
durch innere Verbrechen und Ungeſchicklich¬
keiten zu Grunde geht, wird nicht in ſeiner
ganzen Würde dargeſtellt. Bliebe aber je¬
ner Hintergrund ſelbſt mannichfaltig, beweg¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0058" n="52"/>
und der übrigen Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft vor. Sie be¬<lb/>
zeugten &#x017F;ich &#x017F;ehr zufrieden damit, be&#x017F;onders<lb/>
machte Serlo manche gün&#x017F;tige Bemerkung.</p><lb/>
            <p>Sie haben, &#x017F;agte er unter andern, &#x017F;ehr<lb/>
richtig empfunden, daß äußere Um&#x017F;tände<lb/>
die&#x017F;es Stück begleiten, aber einfacher &#x017F;eyn<lb/>&#x017F;&#x017F;en, als &#x017F;ie uns der große Dichter gege¬<lb/>
ben hat. Was außer dem Theater vorgeht,<lb/>
was der Zu&#x017F;chauer nicht &#x017F;ieht, was er &#x017F;ich<lb/>
vor&#x017F;tellen muß, i&#x017F;t wie ein Hintergrund, vor<lb/>
dem die &#x017F;pielenden Figuren &#x017F;ich bewegen.<lb/>
Die große einfache Aus&#x017F;icht auf die Flotte<lb/>
und Norwegen wird dem Stück &#x017F;ehr gut<lb/>
thun; nähme man &#x017F;ie ganz weg, &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
nur eine Familien&#x017F;cene, und der große Be¬<lb/>
grif, daß hier ein ganzes königliches Haus<lb/>
durch innere Verbrechen und Unge&#x017F;chicklich¬<lb/>
keiten zu Grunde geht, wird nicht in &#x017F;einer<lb/>
ganzen Würde darge&#x017F;tellt. Bliebe aber je¬<lb/>
ner Hintergrund &#x017F;elb&#x017F;t mannichfaltig, beweg¬<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[52/0058] und der übrigen Geſellſchaft vor. Sie be¬ zeugten ſich ſehr zufrieden damit, beſonders machte Serlo manche günſtige Bemerkung. Sie haben, ſagte er unter andern, ſehr richtig empfunden, daß äußere Umſtände dieſes Stück begleiten, aber einfacher ſeyn müſſen, als ſie uns der große Dichter gege¬ ben hat. Was außer dem Theater vorgeht, was der Zuſchauer nicht ſieht, was er ſich vorſtellen muß, iſt wie ein Hintergrund, vor dem die ſpielenden Figuren ſich bewegen. Die große einfache Ausſicht auf die Flotte und Norwegen wird dem Stück ſehr gut thun; nähme man ſie ganz weg, ſo iſt es nur eine Familienſcene, und der große Be¬ grif, daß hier ein ganzes königliches Haus durch innere Verbrechen und Ungeſchicklich¬ keiten zu Grunde geht, wird nicht in ſeiner ganzen Würde dargeſtellt. Bliebe aber je¬ ner Hintergrund ſelbſt mannichfaltig, beweg¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/58
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 3. Frankfurt (Main) u. a., 1795, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre03_1795/58>, abgerufen am 27.12.2024.