Ich fühlte täglich mehr Anhänglichkeit für das enge Plätzchen, wo ich so manche Freu¬ de genoß; und ich gestehe, daß der Geruch, den die Puppen aus der Speisekammer an sich gezogen hatten, nicht wenig dazu bey¬ trug.
Die Dekorationen meines Theaters wa¬ ren nunmehr in ziemlicher Vollkommenheit; denn, daß ich von Jugend auf ein Geschick gehabt hatte, mit dem Zirkel umzugehen, Pappe auszuschneiden, und Bilder zu illu¬ miniren, kam mir jetzt wohl zu statten. Um desto weher that es mir, wenn mich gar oft das Personal an Ausführung großer Sachen hinderte.
Meine Schwestern, indem sie ihre Pup¬ pen aus- und ankleideten, erregten in mir den Gedanken, meinen Helden auch nach und nach bewegliche Kleider zu verschaffen. Man trennte ihnen die Läppchen vom Leibe, setzte
Ich fühlte täglich mehr Anhänglichkeit für das enge Plätzchen, wo ich ſo manche Freu¬ de genoß; und ich geſtehe, daß der Geruch, den die Puppen aus der Speiſekammer an ſich gezogen hatten, nicht wenig dazu bey¬ trug.
Die Dekorationen meines Theaters wa¬ ren nunmehr in ziemlicher Vollkommenheit; denn, daß ich von Jugend auf ein Geſchick gehabt hatte, mit dem Zirkel umzugehen, Pappe auszuſchneiden, und Bilder zu illu¬ miniren, kam mir jetzt wohl zu ſtatten. Um deſto weher that es mir, wenn mich gar oft das Perſonal an Ausführung großer Sachen hinderte.
Meine Schweſtern, indem ſie ihre Pup¬ pen aus- und ankleideten, erregten in mir den Gedanken, meinen Helden auch nach und nach bewegliche Kleider zu verſchaffen. Man trennte ihnen die Läppchen vom Leibe, ſetzte
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0053"n="45"/>
Ich fühlte täglich mehr Anhänglichkeit für<lb/>
das enge Plätzchen, wo ich ſo manche Freu¬<lb/>
de genoß; und ich geſtehe, daß der Geruch,<lb/>
den die Puppen aus der Speiſekammer an<lb/>ſich gezogen hatten, nicht wenig dazu bey¬<lb/>
trug.</p><lb/><p>Die Dekorationen meines Theaters wa¬<lb/>
ren nunmehr in ziemlicher Vollkommenheit;<lb/>
denn, daß ich von Jugend auf ein Geſchick<lb/>
gehabt hatte, mit dem Zirkel umzugehen,<lb/>
Pappe auszuſchneiden, und Bilder zu illu¬<lb/>
miniren, kam mir jetzt wohl zu ſtatten. Um<lb/>
deſto weher that es mir, wenn mich gar oft<lb/>
das Perſonal an Ausführung großer Sachen<lb/>
hinderte.</p><lb/><p>Meine Schweſtern, indem ſie ihre Pup¬<lb/>
pen aus- und ankleideten, erregten in mir<lb/>
den Gedanken, meinen Helden auch nach und<lb/>
nach bewegliche Kleider zu verſchaffen. Man<lb/>
trennte ihnen die Läppchen vom Leibe, ſetzte<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[45/0053]
Ich fühlte täglich mehr Anhänglichkeit für
das enge Plätzchen, wo ich ſo manche Freu¬
de genoß; und ich geſtehe, daß der Geruch,
den die Puppen aus der Speiſekammer an
ſich gezogen hatten, nicht wenig dazu bey¬
trug.
Die Dekorationen meines Theaters wa¬
ren nunmehr in ziemlicher Vollkommenheit;
denn, daß ich von Jugend auf ein Geſchick
gehabt hatte, mit dem Zirkel umzugehen,
Pappe auszuſchneiden, und Bilder zu illu¬
miniren, kam mir jetzt wohl zu ſtatten. Um
deſto weher that es mir, wenn mich gar oft
das Perſonal an Ausführung großer Sachen
hinderte.
Meine Schweſtern, indem ſie ihre Pup¬
pen aus- und ankleideten, erregten in mir
den Gedanken, meinen Helden auch nach und
nach bewegliche Kleider zu verſchaffen. Man
trennte ihnen die Läppchen vom Leibe, ſetzte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/53>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.