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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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über der kleinen Welt schwebte. Ich sah
nicht ohne Ehrfurcht zwischen die Bretchen
hinunter, weil die Erinnerung, welche herrli¬
che Wirkung das Ganze von aussen thue,
und das Gefühl, in welche Geheimnisse ich
eingeweiht sey, mich umfaßten. Wir mach¬
ten einen Versuch, und es ging gut.

Den andern Tag, da eine Gesellschaft
Kinder geladen war, hielten wir uns trefflich,
ausser daß ich in dem Feuer der Aktion mei¬
nen Jonathan fallen ließ, und genöthigt war,
mit der Hand hinunter zu greifen, und ihn
zu holen: ein Zufall, der die Illusion sehr
unterbrach, ein großes Gelächter verursachte,
und mich unsäglich kränkte. Auch schien die¬
ses Versehn dem Vater sehr willkommen zu
seyn, der das große Vergnügen, sein Söhn¬
chen so fähig zu sehen, wohlbedächtig nicht
an den Tag gab, nach geendigtem Stücke
sich gleich an die Fehler hing, und sagte, es

über der kleinen Welt ſchwebte. Ich ſah
nicht ohne Ehrfurcht zwiſchen die Bretchen
hinunter, weil die Erinnerung, welche herrli¬
che Wirkung das Ganze von auſſen thue,
und das Gefühl, in welche Geheimniſſe ich
eingeweiht ſey, mich umfaßten. Wir mach¬
ten einen Verſuch, und es ging gut.

Den andern Tag, da eine Geſellſchaft
Kinder geladen war, hielten wir uns trefflich,
auſſer daß ich in dem Feuer der Aktion mei¬
nen Jonathan fallen ließ, und genöthigt war,
mit der Hand hinunter zu greifen, und ihn
zu holen: ein Zufall, der die Illuſion ſehr
unterbrach, ein großes Gelächter verurſachte,
und mich unſäglich kränkte. Auch ſchien die¬
ſes Verſehn dem Vater ſehr willkommen zu
ſeyn, der das große Vergnügen, ſein Söhn¬
chen ſo fähig zu ſehen, wohlbedächtig nicht
an den Tag gab, nach geendigtem Stücke
ſich gleich an die Fehler hing, und ſagte, es

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[41/0049] über der kleinen Welt ſchwebte. Ich ſah nicht ohne Ehrfurcht zwiſchen die Bretchen hinunter, weil die Erinnerung, welche herrli¬ che Wirkung das Ganze von auſſen thue, und das Gefühl, in welche Geheimniſſe ich eingeweiht ſey, mich umfaßten. Wir mach¬ ten einen Verſuch, und es ging gut. Den andern Tag, da eine Geſellſchaft Kinder geladen war, hielten wir uns trefflich, auſſer daß ich in dem Feuer der Aktion mei¬ nen Jonathan fallen ließ, und genöthigt war, mit der Hand hinunter zu greifen, und ihn zu holen: ein Zufall, der die Illuſion ſehr unterbrach, ein großes Gelächter verurſachte, und mich unſäglich kränkte. Auch ſchien die¬ ſes Verſehn dem Vater ſehr willkommen zu ſeyn, der das große Vergnügen, ſein Söhn¬ chen ſo fähig zu ſehen, wohlbedächtig nicht an den Tag gab, nach geendigtem Stücke ſich gleich an die Fehler hing, und ſagte, es

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/49>, abgerufen am 27.04.2024.