Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

Bild:
<< vorherige Seite

der aufgestellt, einige Nachbarskinder gebe¬
ten und das Stück wiederhohlt.

Hatte ich das erstemal die Freude der
Ueberraschung und des Staunens, so war
zum zweytenmale die Wollust des Aufmer¬
kens und Forschens groß. Wie das zugehe?
war jetzt mein Anliegen. Daß die Puppen
nicht selbst redeten, hatte ich mir schon das
erstemal gesagt, daß sie sich nicht von selbst
bewegten, vermuthete ich auch; aber warum
das alles doch so hübsch war? und es doch
so aussah, als wenn sie selbst redeten und
sich bewegten? und wo die Lichter und die
Leute seyn möchten? diese Räthsel beunru¬
higten mich um desto mehr, je mehr ich
wünschte, zugleich unter den Bezauberten und
Zauberern zu seyn, zugleich meine Hände
verdeckt im Spiel zu haben und als Zu¬
schauer die Freude der Illusion zu genießen.

Das Stück war zu Ende, man machte

der aufgeſtellt, einige Nachbarskinder gebe¬
ten und das Stück wiederhohlt.

Hatte ich das erſtemal die Freude der
Ueberraſchung und des Staunens, ſo war
zum zweytenmale die Wolluſt des Aufmer¬
kens und Forſchens groß. Wie das zugehe?
war jetzt mein Anliegen. Daß die Puppen
nicht ſelbſt redeten, hatte ich mir ſchon das
erſtemal geſagt, daß ſie ſich nicht von ſelbſt
bewegten, vermuthete ich auch; aber warum
das alles doch ſo hübſch war? und es doch
ſo ausſah, als wenn ſie ſelbſt redeten und
ſich bewegten? und wo die Lichter und die
Leute ſeyn möchten? dieſe Räthſel beunru¬
higten mich um deſto mehr, je mehr ich
wünſchte, zugleich unter den Bezauberten und
Zauberern zu ſeyn, zugleich meine Hände
verdeckt im Spiel zu haben und als Zu¬
ſchauer die Freude der Illuſion zu genießen.

Das Stück war zu Ende, man machte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0038" n="30"/>
der aufge&#x017F;tellt, einige Nachbarskinder gebe¬<lb/>
ten und das Stück wiederhohlt.</p><lb/>
            <p>Hatte ich das er&#x017F;temal die Freude der<lb/>
Ueberra&#x017F;chung und des Staunens, &#x017F;o war<lb/>
zum zweytenmale die Wollu&#x017F;t des Aufmer¬<lb/>
kens und For&#x017F;chens groß. <hi rendition="#g">Wie</hi> das zugehe?<lb/>
war jetzt mein Anliegen. Daß die Puppen<lb/>
nicht &#x017F;elb&#x017F;t redeten, hatte ich mir &#x017F;chon das<lb/>
er&#x017F;temal ge&#x017F;agt, daß &#x017F;ie &#x017F;ich nicht von &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
bewegten, vermuthete ich auch; aber warum<lb/>
das alles doch &#x017F;o hüb&#x017F;ch war? und es doch<lb/>
&#x017F;o aus&#x017F;ah, als wenn &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t redeten und<lb/>
&#x017F;ich bewegten? und wo die Lichter und die<lb/>
Leute &#x017F;eyn möchten? die&#x017F;e Räth&#x017F;el beunru¬<lb/>
higten mich um de&#x017F;to mehr, je mehr ich<lb/>
wün&#x017F;chte, zugleich unter den Bezauberten und<lb/>
Zauberern zu &#x017F;eyn, zugleich meine Hände<lb/>
verdeckt im Spiel zu haben und als Zu¬<lb/>
&#x017F;chauer die Freude der Illu&#x017F;ion zu genießen.</p><lb/>
            <p>Das Stück war zu Ende, man machte<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[30/0038] der aufgeſtellt, einige Nachbarskinder gebe¬ ten und das Stück wiederhohlt. Hatte ich das erſtemal die Freude der Ueberraſchung und des Staunens, ſo war zum zweytenmale die Wolluſt des Aufmer¬ kens und Forſchens groß. Wie das zugehe? war jetzt mein Anliegen. Daß die Puppen nicht ſelbſt redeten, hatte ich mir ſchon das erſtemal geſagt, daß ſie ſich nicht von ſelbſt bewegten, vermuthete ich auch; aber warum das alles doch ſo hübſch war? und es doch ſo ausſah, als wenn ſie ſelbſt redeten und ſich bewegten? und wo die Lichter und die Leute ſeyn möchten? dieſe Räthſel beunru¬ higten mich um deſto mehr, je mehr ich wünſchte, zugleich unter den Bezauberten und Zauberern zu ſeyn, zugleich meine Hände verdeckt im Spiel zu haben und als Zu¬ ſchauer die Freude der Illuſion zu genießen. Das Stück war zu Ende, man machte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/38
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/38>, abgerufen am 27.04.2024.