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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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mit ich den steinernen Mann auf der steiner¬
nen Bank wieder finde.

Dießmal that sie ihm unrecht; denn so
sehr er sich von ihr zu enthalten strebte, so
würde er doch in diesem Augenblicke, hätte
er sich mit ihr in einer einsamen Laube be¬
funden, ihre Liebkosungen wahrscheinlich nicht
unerwiedert gelassen haben.

Sie ging, nachdem sie ihm einen leicht¬
fertigen Blick zugeworfen, in das Haus. Er
hatte keinen Beruf, ihr zu folgen, vielmehr
hatte ihr Betragen einen neuen Widerwillen
in ihm erregt; doch hob er sich, ohne selbst
recht zu wissen warum, von der Bank, um
ihr nachzugehen.

Er war eben im Begriff in die Thüre zu
treten, als Melina herbeykam, ihn beschei¬
den anredete, und ihn wegen einiger im
Wortwechsel zu hart ausgesprochener Aus¬
drücke um Verzeihung bat. Sie nehmen mir

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mit ich den ſteinernen Mann auf der ſteiner¬
nen Bank wieder finde.

Dießmal that ſie ihm unrecht; denn ſo
ſehr er ſich von ihr zu enthalten ſtrebte, ſo
würde er doch in dieſem Augenblicke, hätte
er ſich mit ihr in einer einſamen Laube be¬
funden, ihre Liebkoſungen wahrſcheinlich nicht
unerwiedert gelaſſen haben.

Sie ging, nachdem ſie ihm einen leicht¬
fertigen Blick zugeworfen, in das Haus. Er
hatte keinen Beruf, ihr zu folgen, vielmehr
hatte ihr Betragen einen neuen Widerwillen
in ihm erregt; doch hob er ſich, ohne ſelbſt
recht zu wiſſen warum, von der Bank, um
ihr nachzugehen.

Er war eben im Begriff in die Thüre zu
treten, als Melina herbeykam, ihn beſchei¬
den anredete, und ihn wegen einiger im
Wortwechſel zu hart ausgeſprochener Aus¬
drücke um Verzeihung bat. Sie nehmen mir

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[339/0347] mit ich den ſteinernen Mann auf der ſteiner¬ nen Bank wieder finde. Dießmal that ſie ihm unrecht; denn ſo ſehr er ſich von ihr zu enthalten ſtrebte, ſo würde er doch in dieſem Augenblicke, hätte er ſich mit ihr in einer einſamen Laube be¬ funden, ihre Liebkoſungen wahrſcheinlich nicht unerwiedert gelaſſen haben. Sie ging, nachdem ſie ihm einen leicht¬ fertigen Blick zugeworfen, in das Haus. Er hatte keinen Beruf, ihr zu folgen, vielmehr hatte ihr Betragen einen neuen Widerwillen in ihm erregt; doch hob er ſich, ohne ſelbſt recht zu wiſſen warum, von der Bank, um ihr nachzugehen. Er war eben im Begriff in die Thüre zu treten, als Melina herbeykam, ihn beſchei¬ den anredete, und ihn wegen einiger im Wortwechſel zu hart ausgeſprochener Aus¬ drücke um Verzeihung bat. Sie nehmen mir Y 2

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/347>, abgerufen am 19.05.2024.