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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795.

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hatte Wilhelm bemerkt, daß es für jeden
eine besondere Art von Gruß hatte. Ihn
grüßte sie, seit einiger Zeit, mit über die
Brust geschlagenen Armen. Manche Tage
war sie ganz stumm, zu Zeiten antwortete
sie mehr auf verschiedene Fragen, immer son¬
derbar, doch so, daß man nicht unterscheiden
konnte, ob es Witz oder Unkenntniß der
Sprache war, indem sie ein gebrochnes mit
französisch und italienisch durchflochtenes
Deutsch sprach. In seinem Dienste war das
Kind unermüdet, und früh mit der Sonne
auf; es verlor sich dagegen Abends zeitig,
schlief in einer Kammer auf der nackten Erde,
und war durch nichts zu bewegen, ein Bette
oder einen Strohsack anzunehmen. Er fand
sie oft, daß sie sich wusch. Auch ihre Klei¬
der waren reinlich, obgleich alles fast doppelt
und dreyfach an ihr geflickt war. Man sag¬
te Wilhelmen auch, daß sie alle Morgen

hatte Wilhelm bemerkt, daß es für jeden
eine beſondere Art von Gruß hatte. Ihn
grüßte ſie, ſeit einiger Zeit, mit über die
Bruſt geſchlagenen Armen. Manche Tage
war ſie ganz ſtumm, zu Zeiten antwortete
ſie mehr auf verſchiedene Fragen, immer ſon¬
derbar, doch ſo, daß man nicht unterſcheiden
konnte, ob es Witz oder Unkenntniß der
Sprache war, indem ſie ein gebrochnes mit
franzöſiſch und italieniſch durchflochtenes
Deutſch ſprach. In ſeinem Dienſte war das
Kind unermüdet, und früh mit der Sonne
auf; es verlor ſich dagegen Abends zeitig,
ſchlief in einer Kammer auf der nackten Erde,
und war durch nichts zu bewegen, ein Bette
oder einen Strohſack anzunehmen. Er fand
ſie oft, daß ſie ſich wuſch. Auch ihre Klei¬
der waren reinlich, obgleich alles faſt doppelt
und dreyfach an ihr geflickt war. Man ſag¬
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[274/0282] hatte Wilhelm bemerkt, daß es für jeden eine beſondere Art von Gruß hatte. Ihn grüßte ſie, ſeit einiger Zeit, mit über die Bruſt geſchlagenen Armen. Manche Tage war ſie ganz ſtumm, zu Zeiten antwortete ſie mehr auf verſchiedene Fragen, immer ſon¬ derbar, doch ſo, daß man nicht unterſcheiden konnte, ob es Witz oder Unkenntniß der Sprache war, indem ſie ein gebrochnes mit franzöſiſch und italieniſch durchflochtenes Deutſch ſprach. In ſeinem Dienſte war das Kind unermüdet, und früh mit der Sonne auf; es verlor ſich dagegen Abends zeitig, ſchlief in einer Kammer auf der nackten Erde, und war durch nichts zu bewegen, ein Bette oder einen Strohſack anzunehmen. Er fand ſie oft, daß ſie ſich wuſch. Auch ihre Klei¬ der waren reinlich, obgleich alles faſt doppelt und dreyfach an ihr geflickt war. Man ſag¬ te Wilhelmen auch, daß ſie alle Morgen

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/282>, abgerufen am 25.11.2024.