Des andern Tages, als die Seiltänzer mit großem Geräusch abgezogen waren, fand sich Mignon sogleich wieder ein, und trat hinzu, als Wilhelm und Laertes ihre Fechtübungen auf dem Saale fortsetzten. Wo hast du ge¬ steckt? fragte Wilhelm freundlich, du hast uns viel Sorge gemacht. Das Kind ant¬ wortete nichts, und sah ihn an. Du bist nun unser, rief Laertes, wir haben dich ge¬ kauft. -- Was hast du bezahlt? fragte das Kind ganz trocken. -- Hundert Dukaten, ver¬ setzte Laertes, wenn du sie wieder giebst, kannst du frey seyn. -- Das ist wohl viel? fragte das Kind. -- O ja, du magst dich nur gut aufführen. -- Ich will dienen, ver¬ setzte sie.
Fünftes Capitel.
Des andern Tages, als die Seiltänzer mit großem Geräuſch abgezogen waren, fand ſich Mignon ſogleich wieder ein, und trat hinzu, als Wilhelm und Laertes ihre Fechtübungen auf dem Saale fortſetzten. Wo haſt du ge¬ ſteckt? fragte Wilhelm freundlich, du haſt uns viel Sorge gemacht. Das Kind ant¬ wortete nichts, und ſah ihn an. Du biſt nun unſer, rief Laertes, wir haben dich ge¬ kauft. — Was haſt du bezahlt? fragte das Kind ganz trocken. — Hundert Dukaten, ver¬ ſetzte Laertes, wenn du ſie wieder giebſt, kannſt du frey ſeyn. — Das iſt wohl viel? fragte das Kind. — O ja, du magſt dich nur gut aufführen. — Ich will dienen, ver¬ ſetzte ſie.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0273"n="265"/></div><divn="3"><head><hirendition="#g">Fünftes Capitel.</hi><lb/></head><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>es andern Tages, als die Seiltänzer mit<lb/>
großem Geräuſch abgezogen waren, fand ſich<lb/>
Mignon ſogleich wieder ein, und trat hinzu,<lb/>
als Wilhelm und Laertes ihre Fechtübungen<lb/>
auf dem Saale fortſetzten. Wo haſt du ge¬<lb/>ſteckt? fragte Wilhelm freundlich, du haſt<lb/>
uns viel Sorge gemacht. Das Kind ant¬<lb/>
wortete nichts, und ſah ihn an. Du biſt<lb/>
nun unſer, rief Laertes, wir haben dich ge¬<lb/>
kauft. — Was haſt du bezahlt? fragte das<lb/>
Kind ganz trocken. — Hundert Dukaten, ver¬<lb/>ſetzte Laertes, wenn du ſie wieder giebſt,<lb/>
kannſt du frey ſeyn. — Das iſt wohl viel?<lb/>
fragte das Kind. — O ja, du magſt dich<lb/>
nur gut aufführen. — Ich will dienen, ver¬<lb/>ſetzte ſie.</p><lb/></div></div></div></body></text></TEI>
[265/0273]
Fünftes Capitel.
Des andern Tages, als die Seiltänzer mit
großem Geräuſch abgezogen waren, fand ſich
Mignon ſogleich wieder ein, und trat hinzu,
als Wilhelm und Laertes ihre Fechtübungen
auf dem Saale fortſetzten. Wo haſt du ge¬
ſteckt? fragte Wilhelm freundlich, du haſt
uns viel Sorge gemacht. Das Kind ant¬
wortete nichts, und ſah ihn an. Du biſt
nun unſer, rief Laertes, wir haben dich ge¬
kauft. — Was haſt du bezahlt? fragte das
Kind ganz trocken. — Hundert Dukaten, ver¬
ſetzte Laertes, wenn du ſie wieder giebſt,
kannſt du frey ſeyn. — Das iſt wohl viel?
fragte das Kind. — O ja, du magſt dich
nur gut aufführen. — Ich will dienen, ver¬
ſetzte ſie.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/273>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.