te, ging, und an der Ecke noch einmal zurück sah, kam es ihm vor, als wenn Marianens Thüre sich öffnete, und eine dunkle Gestalt sich heraus bewegte. Er war zu weit, um deutlich zu sehen, und eh er sich faßte und recht aufsah, hatte sich die Erscheinung schon in der Nacht verloren, nur ganz weit glaub¬ te er sie wieder an einem weißen Hause vor¬ bey streifen zu sehen. Er stund und blinzte, und ehe er sich ermannte und nacheilte, war das Phantom verschwunden. Wohin sollt' er ihm folgen? Welche Straße hatte den Menschen aufgenommen, wenn es einer war?
Wie einer, dem der Blitz die Gegend in einem Winkel erhellte, gleich darauf mit ge¬ blendeten Augen die vorigen Gestalten, den Zusammenhang der Pfade in der Finsterniß vergebens sucht, so war's vor seinen Augen, so war's in seinem Herzen. Und wie ein Gespenst der Mitternacht, das ungeheure
M 2
te, ging, und an der Ecke noch einmal zurück ſah, kam es ihm vor, als wenn Marianens Thüre ſich öffnete, und eine dunkle Geſtalt ſich heraus bewegte. Er war zu weit, um deutlich zu ſehen, und eh er ſich faßte und recht aufſah, hatte ſich die Erſcheinung ſchon in der Nacht verloren, nur ganz weit glaub¬ te er ſie wieder an einem weißen Hauſe vor¬ bey ſtreifen zu ſehen. Er ſtund und blinzte, und ehe er ſich ermannte und nacheilte, war das Phantom verſchwunden. Wohin ſollt’ er ihm folgen? Welche Straße hatte den Menſchen aufgenommen, wenn es einer war?
Wie einer, dem der Blitz die Gegend in einem Winkel erhellte, gleich darauf mit ge¬ blendeten Augen die vorigen Geſtalten, den Zuſammenhang der Pfade in der Finſterniß vergebens ſucht, ſo war’s vor ſeinen Augen, ſo war’s in ſeinem Herzen. Und wie ein Geſpenſt der Mitternacht, das ungeheure
M 2
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0187"n="179"/>
te, ging, und an der Ecke noch einmal zurück<lb/>ſah, kam es ihm vor, als wenn Marianens<lb/>
Thüre ſich öffnete, und eine dunkle Geſtalt<lb/>ſich heraus bewegte. Er war zu weit, um<lb/>
deutlich zu ſehen, und eh er ſich faßte und<lb/>
recht aufſah, hatte ſich die Erſcheinung ſchon<lb/>
in der Nacht verloren, nur ganz weit glaub¬<lb/>
te er ſie wieder an einem weißen Hauſe vor¬<lb/>
bey ſtreifen zu ſehen. Er ſtund und blinzte,<lb/>
und ehe er ſich ermannte und nacheilte, war<lb/>
das Phantom verſchwunden. Wohin ſollt’<lb/>
er ihm folgen? Welche Straße hatte den<lb/>
Menſchen aufgenommen, wenn es einer war?</p><lb/><p>Wie einer, dem der Blitz die Gegend in<lb/>
einem Winkel erhellte, gleich darauf mit ge¬<lb/>
blendeten Augen die vorigen Geſtalten, den<lb/>
Zuſammenhang der Pfade in der Finſterniß<lb/>
vergebens ſucht, ſo war’s vor ſeinen Augen,<lb/>ſo war’s in ſeinem Herzen. Und wie ein<lb/>
Geſpenſt der Mitternacht, das ungeheure<lb/><fwplace="bottom"type="sig">M 2<lb/></fw></p></div></div></div></body></text></TEI>
[179/0187]
te, ging, und an der Ecke noch einmal zurück
ſah, kam es ihm vor, als wenn Marianens
Thüre ſich öffnete, und eine dunkle Geſtalt
ſich heraus bewegte. Er war zu weit, um
deutlich zu ſehen, und eh er ſich faßte und
recht aufſah, hatte ſich die Erſcheinung ſchon
in der Nacht verloren, nur ganz weit glaub¬
te er ſie wieder an einem weißen Hauſe vor¬
bey ſtreifen zu ſehen. Er ſtund und blinzte,
und ehe er ſich ermannte und nacheilte, war
das Phantom verſchwunden. Wohin ſollt’
er ihm folgen? Welche Straße hatte den
Menſchen aufgenommen, wenn es einer war?
Wie einer, dem der Blitz die Gegend in
einem Winkel erhellte, gleich darauf mit ge¬
blendeten Augen die vorigen Geſtalten, den
Zuſammenhang der Pfade in der Finſterniß
vergebens ſucht, ſo war’s vor ſeinen Augen,
ſo war’s in ſeinem Herzen. Und wie ein
Geſpenſt der Mitternacht, das ungeheure
M 2
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 1. Berlin, 1795, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre01_1795/187>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.