als bisher mit Gewalt und Ernst der Mut¬ tersprache zu widmen.
Auch hiezu fanden wir im Leben Gele¬ genheit und Theilnahme. Elsaß war noch nicht lange genug mit Frankreich verbunden, als daß nicht noch bey Alt und Jung eine liebevolle Anhänglichkeit an alte Verfassung, Sitte, Sprache, Tracht sollte übrig geblie¬ ben seyn. Wenn der Ueberwundene die Hälf¬ te seines Daseyns nothgedrungen verliert, so rechnet er sich's zur Schmach, die andere Hälfte freywillig aufzugeben. Er hält daher an allem fest, was ihm die vergangene gute Zeit zurückrufen und die Hoffnung der Wie¬ derkehr einer glücklichen Epoche nähren kann. Gar manche Einwohner von Straßburg bil¬ deten zwar abgesonderte, aber doch dem Sin¬ ne nach verbundene kleine Kreise, welche durch die vielen Unterthanen deutscher Fürsten, die unter französischer Hoheit ansehnliche Stre¬ cken Landes besaßen, stets vermehrt und re¬
als bisher mit Gewalt und Ernſt der Mut¬ terſprache zu widmen.
Auch hiezu fanden wir im Leben Gele¬ genheit und Theilnahme. Elſaß war noch nicht lange genug mit Frankreich verbunden, als daß nicht noch bey Alt und Jung eine liebevolle Anhaͤnglichkeit an alte Verfaſſung, Sitte, Sprache, Tracht ſollte uͤbrig geblie¬ ben ſeyn. Wenn der Ueberwundene die Haͤlf¬ te ſeines Daſeyns nothgedrungen verliert, ſo rechnet er ſich's zur Schmach, die andere Haͤlfte freywillig aufzugeben. Er haͤlt daher an allem feſt, was ihm die vergangene gute Zeit zuruͤckrufen und die Hoffnung der Wie¬ derkehr einer gluͤcklichen Epoche naͤhren kann. Gar manche Einwohner von Straßburg bil¬ deten zwar abgeſonderte, aber doch dem Sin¬ ne nach verbundene kleine Kreiſe, welche durch die vielen Unterthanen deutſcher Fuͤrſten, die unter franzoͤſiſcher Hoheit anſehnliche Stre¬ cken Landes beſaßen, ſtets vermehrt und re¬
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als bisher mit Gewalt und Ernſt der Mut¬
terſprache zu widmen.
Auch hiezu fanden wir im Leben Gele¬
genheit und Theilnahme. Elſaß war noch
nicht lange genug mit Frankreich verbunden,
als daß nicht noch bey Alt und Jung eine
liebevolle Anhaͤnglichkeit an alte Verfaſſung,
Sitte, Sprache, Tracht ſollte uͤbrig geblie¬
ben ſeyn. Wenn der Ueberwundene die Haͤlf¬
te ſeines Daſeyns nothgedrungen verliert, ſo
rechnet er ſich's zur Schmach, die andere
Haͤlfte freywillig aufzugeben. Er haͤlt daher
an allem feſt, was ihm die vergangene gute
Zeit zuruͤckrufen und die Hoffnung der Wie¬
derkehr einer gluͤcklichen Epoche naͤhren kann.
Gar manche Einwohner von Straßburg bil¬
deten zwar abgeſonderte, aber doch dem Sin¬
ne nach verbundene kleine Kreiſe, welche durch
die vielen Unterthanen deutſcher Fuͤrſten, die
unter franzoͤſiſcher Hoheit anſehnliche Stre¬
cken Landes beſaßen, ſtets vermehrt und re¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 82. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/90>, abgerufen am 25.11.2024.
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