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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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wollte: Sonnenschein und Zugluft, reines
und feuchtes Wetter, nichts wollte fruchten.
Man mußte sich indessen eines alten Rumpel¬
kastens bedienen, und es blieb uns nichts
übrig, als die Verzierung mit mehr Mühe
wieder abzureiben als wir sie aufgemalt hat¬
ten. Die Unlust bey dieser Arbeit vergrößerte
sich noch, als uns die Mädchen ums Him¬
melswillen baten, langsam und vorsichtig zu
verfahren, um den Grund zu schonen; wel¬
cher denn doch, nach dieser Operation, zu
seinem ursprünglichen Glanze nicht wieder zu¬
rückzubringen war.

Durch solche unangenehme kleine Zwischen¬
fälligkeiten wurden wir jedoch so wenig als
Doctor Primrose und seine liebenswürdige
Familie in unserm heitern Leben gestört: denn
es begegnete manches unerwartete Glück so¬
wohl uns als auch Freunden und Nachbarn;
Hochzeiten und Kindtaufen, Richtung eines
Gebäudes, Erbschaft, Lotteriegewinn wur¬

wollte: Sonnenſchein und Zugluft, reines
und feuchtes Wetter, nichts wollte fruchten.
Man mußte ſich indeſſen eines alten Rumpel¬
kaſtens bedienen, und es blieb uns nichts
uͤbrig, als die Verzierung mit mehr Muͤhe
wieder abzureiben als wir ſie aufgemalt hat¬
ten. Die Unluſt bey dieſer Arbeit vergroͤßerte
ſich noch, als uns die Maͤdchen ums Him¬
melswillen baten, langſam und vorſichtig zu
verfahren, um den Grund zu ſchonen; wel¬
cher denn doch, nach dieſer Operation, zu
ſeinem urſpruͤnglichen Glanze nicht wieder zu¬
ruͤckzubringen war.

Durch ſolche unangenehme kleine Zwiſchen¬
faͤlligkeiten wurden wir jedoch ſo wenig als
Doctor Primroſe und ſeine liebenswuͤrdige
Familie in unſerm heitern Leben geſtoͤrt: denn
es begegnete manches unerwartete Gluͤck ſo¬
wohl uns als auch Freunden und Nachbarn;
Hochzeiten und Kindtaufen, Richtung eines
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[48/0056] wollte: Sonnenſchein und Zugluft, reines und feuchtes Wetter, nichts wollte fruchten. Man mußte ſich indeſſen eines alten Rumpel¬ kaſtens bedienen, und es blieb uns nichts uͤbrig, als die Verzierung mit mehr Muͤhe wieder abzureiben als wir ſie aufgemalt hat¬ ten. Die Unluſt bey dieſer Arbeit vergroͤßerte ſich noch, als uns die Maͤdchen ums Him¬ melswillen baten, langſam und vorſichtig zu verfahren, um den Grund zu ſchonen; wel¬ cher denn doch, nach dieſer Operation, zu ſeinem urſpruͤnglichen Glanze nicht wieder zu¬ ruͤckzubringen war. Durch ſolche unangenehme kleine Zwiſchen¬ faͤlligkeiten wurden wir jedoch ſo wenig als Doctor Primroſe und ſeine liebenswuͤrdige Familie in unſerm heitern Leben geſtoͤrt: denn es begegnete manches unerwartete Gluͤck ſo¬ wohl uns als auch Freunden und Nachbarn; Hochzeiten und Kindtaufen, Richtung eines Gebaͤudes, Erbſchaft, Lotteriegewinn wur¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/56>, abgerufen am 03.05.2024.