durch Frankfurter Stadtsoldaten, auf Requi¬ sition des Residenten Freytag und nach Be¬ fehl des Burgemeisters von Fichard, arretirt und eine ziemliche Zeit im Gasthof zur Rose auf der Zeil gefänglich angehalten worden. Hierauf hätte sich zwar manches einwenden lassen, unter andern, daß Voltäre selbst nicht ohne Schuld gewesen; aber wir gaben uns aus kindlicher Achtung jedesmal gefangen.
Da nun auch bey dieser Gelegenheit, auf solche und ähnliche Dinge angespielt wurde, so wußte ich kaum, wie ich mich benehmen sollte: denn er warnte mich unbewunden und behauptete, die Einladung sey nur, um mich in eine Falle zu locken, und wegen jenes ge¬ gen den begünstigten Wieland verübten Muth¬ willens Rache an mir zu nehmen. Wie sehr ich nun auch vom Gegentheil überzeugt war, indem ich nur allzu deutlich sah, daß eine vor¬ gefaßte Meynung durch hypochondrische Traum¬ bilder aufgeregt, den würdigen Mann beäng¬
durch Frankfurter Stadtſoldaten, auf Requi¬ ſition des Reſidenten Freytag und nach Be¬ fehl des Burgemeiſters von Fichard, arretirt und eine ziemliche Zeit im Gaſthof zur Roſe auf der Zeil gefaͤnglich angehalten worden. Hierauf haͤtte ſich zwar manches einwenden laſſen, unter andern, daß Voltaͤre ſelbſt nicht ohne Schuld geweſen; aber wir gaben uns aus kindlicher Achtung jedesmal gefangen.
Da nun auch bey dieſer Gelegenheit, auf ſolche und aͤhnliche Dinge angeſpielt wurde, ſo wußte ich kaum, wie ich mich benehmen ſollte: denn er warnte mich unbewunden und behauptete, die Einladung ſey nur, um mich in eine Falle zu locken, und wegen jenes ge¬ gen den beguͤnſtigten Wieland veruͤbten Muth¬ willens Rache an mir zu nehmen. Wie ſehr ich nun auch vom Gegentheil uͤberzeugt war, indem ich nur allzu deutlich ſah, daß eine vor¬ gefaßte Meynung durch hypochondriſche Traum¬ bilder aufgeregt, den wuͤrdigen Mann beaͤng¬
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[495/0503]
durch Frankfurter Stadtſoldaten, auf Requi¬
ſition des Reſidenten Freytag und nach Be¬
fehl des Burgemeiſters von Fichard, arretirt
und eine ziemliche Zeit im Gaſthof zur Roſe
auf der Zeil gefaͤnglich angehalten worden.
Hierauf haͤtte ſich zwar manches einwenden
laſſen, unter andern, daß Voltaͤre ſelbſt nicht
ohne Schuld geweſen; aber wir gaben uns
aus kindlicher Achtung jedesmal gefangen.
Da nun auch bey dieſer Gelegenheit, auf
ſolche und aͤhnliche Dinge angeſpielt wurde,
ſo wußte ich kaum, wie ich mich benehmen
ſollte: denn er warnte mich unbewunden und
behauptete, die Einladung ſey nur, um mich
in eine Falle zu locken, und wegen jenes ge¬
gen den beguͤnſtigten Wieland veruͤbten Muth¬
willens Rache an mir zu nehmen. Wie ſehr
ich nun auch vom Gegentheil uͤberzeugt war,
indem ich nur allzu deutlich ſah, daß eine vor¬
gefaßte Meynung durch hypochondriſche Traum¬
bilder aufgeregt, den wuͤrdigen Mann beaͤng¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 495. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/503>, abgerufen am 24.11.2024.
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