anders zu helfen, als daß ich die meinigen hervorkehrte.
Die Anzahl derer, welche keinen Glau¬ ben an die Physiognomik hatten, oder doch wenigstens sie für ungewiß und trüglich hiel¬ ten, war sehr groß, und sogar viele die es mit Lavatern gut meinten, fühlten einen Ki¬ tzel, ihn zu versuchen und ihm wo möglich einen Streich zu spielen. Er hatte sich in Frankfurt, bey einem nicht ungeschickten Ma¬ ler, die Profile mehrerer namhaften Men¬ schen bestellt. Der Absender erlaubte sich den Scherz, Bahrdts Portrait zuerst statt des meinigen abzuschicken, wogegen eine zwar mun¬ tere aber donnernde Epistel zurückkam, mit allen Trümpfen und Betheurungen, daß dieß mein Bild nicht sey, und was Lavater sonst alles, zu Bestätigung der physiognomischen Lehre, bey dieser Gelegenheit mochte zu sagen haben. Mein wirkliches nachgesendetes ließ er eher gelten; aber auch hier schon that sich
anders zu helfen, als daß ich die meinigen hervorkehrte.
Die Anzahl derer, welche keinen Glau¬ ben an die Phyſiognomik hatten, oder doch wenigſtens ſie fuͤr ungewiß und truͤglich hiel¬ ten, war ſehr groß, und ſogar viele die es mit Lavatern gut meinten, fuͤhlten einen Ki¬ tzel, ihn zu verſuchen und ihm wo moͤglich einen Streich zu ſpielen. Er hatte ſich in Frankfurt, bey einem nicht ungeſchickten Ma¬ ler, die Profile mehrerer namhaften Men¬ ſchen beſtellt. Der Abſender erlaubte ſich den Scherz, Bahrdts Portrait zuerſt ſtatt des meinigen abzuſchicken, wogegen eine zwar mun¬ tere aber donnernde Epiſtel zuruͤckkam, mit allen Truͤmpfen und Betheurungen, daß dieß mein Bild nicht ſey, und was Lavater ſonſt alles, zu Beſtaͤtigung der phyſiognomiſchen Lehre, bey dieſer Gelegenheit mochte zu ſagen haben. Mein wirkliches nachgeſendetes ließ er eher gelten; aber auch hier ſchon that ſich
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anders zu helfen, als daß ich die meinigen
hervorkehrte.
Die Anzahl derer, welche keinen Glau¬
ben an die Phyſiognomik hatten, oder doch
wenigſtens ſie fuͤr ungewiß und truͤglich hiel¬
ten, war ſehr groß, und ſogar viele die es
mit Lavatern gut meinten, fuͤhlten einen Ki¬
tzel, ihn zu verſuchen und ihm wo moͤglich
einen Streich zu ſpielen. Er hatte ſich in
Frankfurt, bey einem nicht ungeſchickten Ma¬
ler, die Profile mehrerer namhaften Men¬
ſchen beſtellt. Der Abſender erlaubte ſich den
Scherz, Bahrdts Portrait zuerſt ſtatt des
meinigen abzuſchicken, wogegen eine zwar mun¬
tere aber donnernde Epiſtel zuruͤckkam, mit
allen Truͤmpfen und Betheurungen, daß dieß
mein Bild nicht ſey, und was Lavater ſonſt
alles, zu Beſtaͤtigung der phyſiognomiſchen
Lehre, bey dieſer Gelegenheit mochte zu ſagen
haben. Mein wirkliches nachgeſendetes ließ
er eher gelten; aber auch hier ſchon that ſich
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 393. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/401>, abgerufen am 24.11.2024.
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