zerstoben und verloren gegangen, manche noch übrige lassen sich nicht wohl mittheilen. Was hiervon im Druck erschienen, vermehrte nur die Bewegung im Publicum, und die Neu¬ gierde auf den Verfasser; was handschriftlich mitgetheilt wurde, belebte den nächsten Kreis, der sich immer erweiterte. Doctor Barth, damals in Gießen, besuchte mich, scheinbar höflich und zutraulich; er scherzte über den Prolog, und wünschte ein freundliches Ver¬ hältniß. Wir jungen Leute aber fuhren fort kein geselliges Fest zu begehen, ohne mit stil¬ ler Schadenfreude uns der Eigenheiten zu er¬ freuen, die wir an andern bemerkt und glück¬ lich dargestellt hatten.
Misfiel es nun dem jungen Autor keines¬ wegs, als ein literarisches Meteor angestaunt zu werden; so suchte er mit freudiger Be¬ scheidenheit den bewährtesten Männern des Vaterlands seine Achtung zu bezeigen, unter denen vor allen andern der herrliche Justus
zerſtoben und verloren gegangen, manche noch uͤbrige laſſen ſich nicht wohl mittheilen. Was hiervon im Druck erſchienen, vermehrte nur die Bewegung im Publicum, und die Neu¬ gierde auf den Verfaſſer; was handſchriftlich mitgetheilt wurde, belebte den naͤchſten Kreis, der ſich immer erweiterte. Doctor Barth, damals in Gießen, beſuchte mich, ſcheinbar hoͤflich und zutraulich; er ſcherzte uͤber den Prolog, und wuͤnſchte ein freundliches Ver¬ haͤltniß. Wir jungen Leute aber fuhren fort kein geſelliges Feſt zu begehen, ohne mit ſtil¬ ler Schadenfreude uns der Eigenheiten zu er¬ freuen, die wir an andern bemerkt und gluͤck¬ lich dargeſtellt hatten.
Misfiel es nun dem jungen Autor keines¬ wegs, als ein literariſches Meteor angeſtaunt zu werden; ſo ſuchte er mit freudiger Be¬ ſcheidenheit den bewaͤhrteſten Maͤnnern des Vaterlands ſeine Achtung zu bezeigen, unter denen vor allen andern der herrliche Juſtus
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0371"n="363"/>
zerſtoben und verloren gegangen, manche noch<lb/>
uͤbrige laſſen ſich nicht wohl mittheilen. Was<lb/>
hiervon im Druck erſchienen, vermehrte nur<lb/>
die Bewegung im Publicum, und die Neu¬<lb/>
gierde auf den Verfaſſer; was handſchriftlich<lb/>
mitgetheilt wurde, belebte den naͤchſten Kreis,<lb/>
der ſich immer erweiterte. <hirendition="#g">Doctor Barth</hi>,<lb/>
damals in Gießen, beſuchte mich, ſcheinbar<lb/>
hoͤflich und zutraulich; er ſcherzte uͤber den<lb/>
Prolog, und wuͤnſchte ein freundliches Ver¬<lb/>
haͤltniß. Wir jungen Leute aber fuhren fort<lb/>
kein geſelliges Feſt zu begehen, ohne mit ſtil¬<lb/>
ler Schadenfreude uns der Eigenheiten zu er¬<lb/>
freuen, die wir an andern bemerkt und gluͤck¬<lb/>
lich dargeſtellt hatten.</p><lb/><p>Misfiel es nun dem jungen Autor keines¬<lb/>
wegs, als ein literariſches Meteor angeſtaunt<lb/>
zu werden; ſo ſuchte er mit freudiger Be¬<lb/>ſcheidenheit den bewaͤhrteſten Maͤnnern des<lb/>
Vaterlands ſeine Achtung zu bezeigen, unter<lb/>
denen vor allen andern der herrliche <hirendition="#g">Juſtus<lb/></hi></p></div></body></text></TEI>
[363/0371]
zerſtoben und verloren gegangen, manche noch
uͤbrige laſſen ſich nicht wohl mittheilen. Was
hiervon im Druck erſchienen, vermehrte nur
die Bewegung im Publicum, und die Neu¬
gierde auf den Verfaſſer; was handſchriftlich
mitgetheilt wurde, belebte den naͤchſten Kreis,
der ſich immer erweiterte. Doctor Barth,
damals in Gießen, beſuchte mich, ſcheinbar
hoͤflich und zutraulich; er ſcherzte uͤber den
Prolog, und wuͤnſchte ein freundliches Ver¬
haͤltniß. Wir jungen Leute aber fuhren fort
kein geſelliges Feſt zu begehen, ohne mit ſtil¬
ler Schadenfreude uns der Eigenheiten zu er¬
freuen, die wir an andern bemerkt und gluͤck¬
lich dargeſtellt hatten.
Misfiel es nun dem jungen Autor keines¬
wegs, als ein literariſches Meteor angeſtaunt
zu werden; ſo ſuchte er mit freudiger Be¬
ſcheidenheit den bewaͤhrteſten Maͤnnern des
Vaterlands ſeine Achtung zu bezeigen, unter
denen vor allen andern der herrliche Juſtus
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 363. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/371>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.