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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814.

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Sache hatte sich indessen, in so fern sie sich
herstellen ließ, wieder hergestellt, und Merk
war in den Zeiten seiner Energie der Mann,
sich ins Ungeheure zu schicken; sein Humor
fand sich wieder ein, nur war er noch bitte¬
rer geworden als vorher. Er schalt meinen
Vorsatz den Werther umzuarbeiten mit der¬
ben Ausdrücken, und verlangte ihn gedruckt
zu sehn wie er lag. Es ward ein sauberes
Manuscript davon besorgt, das nicht lange
in meinen Händen blieb: denn zufälliger
Weise an demselben Tage, an dem meine
Schwester sich mit Georg Schlosser verheira¬
tete, und das Haus, von einer freudigen
Festlichkeit bewegt, glänzte, traf ein Brief
von Weygand aus Leipzig ein, mich um ein
Manuscript zu ersuchen. Ein solches Zusam¬
mentreffen hielt ich für ein günstiges Omen,
ich sendete den Werther ab, und war sehr
zufrieden, als das Honorar das ich dafür
erhielt, nicht ganz durch die Schulden ver¬
schlungen wurde, die ich um des Goetz von

Sache hatte ſich indeſſen, in ſo fern ſie ſich
herſtellen ließ, wieder hergeſtellt, und Merk
war in den Zeiten ſeiner Energie der Mann,
ſich ins Ungeheure zu ſchicken; ſein Humor
fand ſich wieder ein, nur war er noch bitte¬
rer geworden als vorher. Er ſchalt meinen
Vorſatz den Werther umzuarbeiten mit der¬
ben Ausdruͤcken, und verlangte ihn gedruckt
zu ſehn wie er lag. Es ward ein ſauberes
Manuſcript davon beſorgt, das nicht lange
in meinen Haͤnden blieb: denn zufaͤlliger
Weiſe an demſelben Tage, an dem meine
Schweſter ſich mit Georg Schloſſer verheira¬
tete, und das Haus, von einer freudigen
Feſtlichkeit bewegt, glaͤnzte, traf ein Brief
von Weygand aus Leipzig ein, mich um ein
Manuſcript zu erſuchen. Ein ſolches Zuſam¬
mentreffen hielt ich fuͤr ein guͤnſtiges Omen,
ich ſendete den Werther ab, und war ſehr
zufrieden, als das Honorar das ich dafuͤr
erhielt, nicht ganz durch die Schulden ver¬
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[348/0356] Sache hatte ſich indeſſen, in ſo fern ſie ſich herſtellen ließ, wieder hergeſtellt, und Merk war in den Zeiten ſeiner Energie der Mann, ſich ins Ungeheure zu ſchicken; ſein Humor fand ſich wieder ein, nur war er noch bitte¬ rer geworden als vorher. Er ſchalt meinen Vorſatz den Werther umzuarbeiten mit der¬ ben Ausdruͤcken, und verlangte ihn gedruckt zu ſehn wie er lag. Es ward ein ſauberes Manuſcript davon beſorgt, das nicht lange in meinen Haͤnden blieb: denn zufaͤlliger Weiſe an demſelben Tage, an dem meine Schweſter ſich mit Georg Schloſſer verheira¬ tete, und das Haus, von einer freudigen Feſtlichkeit bewegt, glaͤnzte, traf ein Brief von Weygand aus Leipzig ein, mich um ein Manuſcript zu erſuchen. Ein ſolches Zuſam¬ mentreffen hielt ich fuͤr ein guͤnſtiges Omen, ich ſendete den Werther ab, und war ſehr zufrieden, als das Honorar das ich dafuͤr erhielt, nicht ganz durch die Schulden ver¬ ſchlungen wurde, die ich um des Goetz von

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 348. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/356>, abgerufen am 24.11.2024.