wenn große Werke der Vergangenheit wieder einmal aufthauen und an die Tagesordnung kommen, weil sie alsdann eine vollkommen frische Wirkung hervorbringen. Auch das Ho¬ merische Licht ging uns neu wieder auf, und zwar recht im Sinne der Zeit, die ein solches Erscheinen höchst begünstigte: denn das bestän¬ dige Hinweisen auf Natur bewirkte zuletzt, daß man auch die Werke der Alten von die¬ ser Seite betrachten lernte. Was mehrere Reisende zu Aufklärung der heiligen Schrif¬ ten gethan, leisteten andere für den Homer. Durch Guys ward man eingeleitet, Wood gab der Sache den Schwung. Eine Göttin¬ ger Recension des anfangs sehr seltenen Ori¬ ginals machte uns mit der Absicht bekannt, und belehrte uns, wie weit sie ausgeführt worden. Wir sahen nun nicht mehr in jenen Gedichten ein angespanntes und aufgedunsenes Heldenwesen, sondern die abgespiegelte Wahr¬ heit einer uralten Gegenwart, und suchten uns dieselbe möglichst heranzuziehen. Zwar
wenn große Werke der Vergangenheit wieder einmal aufthauen und an die Tagesordnung kommen, weil ſie alsdann eine vollkommen friſche Wirkung hervorbringen. Auch das Ho¬ meriſche Licht ging uns neu wieder auf, und zwar recht im Sinne der Zeit, die ein ſolches Erſcheinen hoͤchſt beguͤnſtigte: denn das beſtaͤn¬ dige Hinweiſen auf Natur bewirkte zuletzt, daß man auch die Werke der Alten von die¬ ſer Seite betrachten lernte. Was mehrere Reiſende zu Aufklaͤrung der heiligen Schrif¬ ten gethan, leiſteten andere fuͤr den Homer. Durch Guys ward man eingeleitet, Wood gab der Sache den Schwung. Eine Goͤttin¬ ger Recenſion des anfangs ſehr ſeltenen Ori¬ ginals machte uns mit der Abſicht bekannt, und belehrte uns, wie weit ſie ausgefuͤhrt worden. Wir ſahen nun nicht mehr in jenen Gedichten ein angeſpanntes und aufgedunſenes Heldenweſen, ſondern die abgeſpiegelte Wahr¬ heit einer uralten Gegenwart, und ſuchten uns dieſelbe moͤglichſt heranzuziehen. Zwar
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wenn große Werke der Vergangenheit wieder
einmal aufthauen und an die Tagesordnung
kommen, weil ſie alsdann eine vollkommen
friſche Wirkung hervorbringen. Auch das Ho¬
meriſche Licht ging uns neu wieder auf, und
zwar recht im Sinne der Zeit, die ein ſolches
Erſcheinen hoͤchſt beguͤnſtigte: denn das beſtaͤn¬
dige Hinweiſen auf Natur bewirkte zuletzt,
daß man auch die Werke der Alten von die¬
ſer Seite betrachten lernte. Was mehrere
Reiſende zu Aufklaͤrung der heiligen Schrif¬
ten gethan, leiſteten andere fuͤr den Homer.
Durch Guys ward man eingeleitet, Wood
gab der Sache den Schwung. Eine Goͤttin¬
ger Recenſion des anfangs ſehr ſeltenen Ori¬
ginals machte uns mit der Abſicht bekannt,
und belehrte uns, wie weit ſie ausgefuͤhrt
worden. Wir ſahen nun nicht mehr in jenen
Gedichten ein angeſpanntes und aufgedunſenes
Heldenweſen, ſondern die abgeſpiegelte Wahr¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/229>, abgerufen am 02.05.2024.
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