gung aufgehalten haben. Ohnfern der Capel¬ le, wo sich die Wanderer erbauen, zeigt man ihren Brunnen und erzählt gar manches An¬ muthige. Das Bild das ich mir von ihr machte, und ihr Name, prägte sich tief bey mir ein. Beyde trug ich lange mit mir her¬ um, bis ich endlich eine meiner zwar spätern, aber darum nicht minder geliebten Töchter da¬ mit ausstattete, die von frommen und rei¬ nen Herzen so günstig aufgenommen wurde.
Auch auf dieser Höhe wiederholt sich dem Auge das herrliche Elsaß, immer dasselbe und immer neu; eben so wie man im Amphithea¬ ter, man nehme Platz wo man wolle, das ganze Volk übersieht, nur seine Nachbarn am deutlichsten, so ist es auch hier mit Büschen, Felsen, Hügeln, Wäldern, Feldern, Wiesen und Ortschaften in der Nähe und in der Ferne. Am Horizont wollte man uns sogar Basel zei¬ gen; daß wir es gesehen, will ich nicht be¬ schwören, aber das entfernte Blau der
gung aufgehalten haben. Ohnfern der Capel¬ le, wo ſich die Wanderer erbauen, zeigt man ihren Brunnen und erzaͤhlt gar manches An¬ muthige. Das Bild das ich mir von ihr machte, und ihr Name, praͤgte ſich tief bey mir ein. Beyde trug ich lange mit mir her¬ um, bis ich endlich eine meiner zwar ſpaͤtern, aber darum nicht minder geliebten Toͤchter da¬ mit ausſtattete, die von frommen und rei¬ nen Herzen ſo guͤnſtig aufgenommen wurde.
Auch auf dieſer Hoͤhe wiederholt ſich dem Auge das herrliche Elſaß, immer daſſelbe und immer neu; eben ſo wie man im Amphithea¬ ter, man nehme Platz wo man wolle, das ganze Volk uͤberſieht, nur ſeine Nachbarn am deutlichſten, ſo iſt es auch hier mit Buͤſchen, Felſen, Huͤgeln, Waͤldern, Feldern, Wieſen und Ortſchaften in der Naͤhe und in der Ferne. Am Horizont wollte man uns ſogar Baſel zei¬ gen; daß wir es geſehen, will ich nicht be¬ ſchwoͤren, aber das entfernte Blau der
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0129"n="121"/>
gung aufgehalten haben. Ohnfern der Capel¬<lb/>
le, wo ſich die Wanderer erbauen, zeigt man<lb/>
ihren Brunnen und erzaͤhlt gar manches An¬<lb/>
muthige. Das Bild das ich mir von ihr<lb/>
machte, und ihr Name, praͤgte ſich tief bey<lb/>
mir ein. Beyde trug ich lange mit mir her¬<lb/>
um, bis ich endlich eine meiner zwar ſpaͤtern,<lb/>
aber darum nicht minder geliebten Toͤchter da¬<lb/>
mit ausſtattete, die von frommen und rei¬<lb/>
nen Herzen ſo guͤnſtig aufgenommen wurde.</p><lb/><p>Auch auf dieſer Hoͤhe wiederholt ſich dem<lb/>
Auge das herrliche Elſaß, immer daſſelbe und<lb/>
immer neu; eben ſo wie man im Amphithea¬<lb/>
ter, man nehme Platz wo man wolle, das<lb/>
ganze Volk uͤberſieht, nur ſeine Nachbarn am<lb/>
deutlichſten, ſo iſt es auch hier mit Buͤſchen,<lb/>
Felſen, Huͤgeln, Waͤldern, Feldern, Wieſen<lb/>
und Ortſchaften in der Naͤhe und in der Ferne.<lb/>
Am Horizont wollte man uns ſogar Baſel zei¬<lb/>
gen; daß wir es geſehen, will ich nicht be¬<lb/>ſchwoͤren, aber das entfernte Blau der<lb/></p></div></body></text></TEI>
[121/0129]
gung aufgehalten haben. Ohnfern der Capel¬
le, wo ſich die Wanderer erbauen, zeigt man
ihren Brunnen und erzaͤhlt gar manches An¬
muthige. Das Bild das ich mir von ihr
machte, und ihr Name, praͤgte ſich tief bey
mir ein. Beyde trug ich lange mit mir her¬
um, bis ich endlich eine meiner zwar ſpaͤtern,
aber darum nicht minder geliebten Toͤchter da¬
mit ausſtattete, die von frommen und rei¬
nen Herzen ſo guͤnſtig aufgenommen wurde.
Auch auf dieſer Hoͤhe wiederholt ſich dem
Auge das herrliche Elſaß, immer daſſelbe und
immer neu; eben ſo wie man im Amphithea¬
ter, man nehme Platz wo man wolle, das
ganze Volk uͤberſieht, nur ſeine Nachbarn am
deutlichſten, ſo iſt es auch hier mit Buͤſchen,
Felſen, Huͤgeln, Waͤldern, Feldern, Wieſen
und Ortſchaften in der Naͤhe und in der Ferne.
Am Horizont wollte man uns ſogar Baſel zei¬
gen; daß wir es geſehen, will ich nicht be¬
ſchwoͤren, aber das entfernte Blau der
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 3. Tübingen, 1814, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben03_1814/129>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.