Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

ablehnte und mir vorbehielt, ihm die seinigen
wieder zuzustellen.

Ich war nicht weit mit meiner Gabe ge¬
sprungen, die ich in einer sauberen zusam¬
mengeknüpften Serviette trug, als ich in der
Ferne meinen Freund mit den beyden Frau¬
enzimmern mir entgegen kommen sah. Mein
Herz war beklommen, wie sich's eigentlich un¬
ter dieser Jacke nicht ziemte. Ich blieb ste¬
hen, holte Athem und suchte zu überlegen,
was ich beginnen solle; und nun bemerkte ich
erst, daß das Terrain mir sehr zu Statten
kam: denn sie gingen auf der andern Seite
des Baches, der, so wie die Wiesenstreifen,
durch die er hinlief, zwey Fußpfade ziemlich
aus einander hielt. Als sie gegen mir über
waren rief Friedricke, die mich schon lange
gewahrt hatte: Georges, was bringst du?
Ich war klug genug, das Gesicht mit dem
Hute, den ich abnahm, zu bedecken, indem

ablehnte und mir vorbehielt, ihm die ſeinigen
wieder zuzuſtellen.

Ich war nicht weit mit meiner Gabe ge¬
ſprungen, die ich in einer ſauberen zuſam¬
mengeknuͤpften Serviette trug, als ich in der
Ferne meinen Freund mit den beyden Frau¬
enzimmern mir entgegen kommen ſah. Mein
Herz war beklommen, wie ſich's eigentlich un¬
ter dieſer Jacke nicht ziemte. Ich blieb ſte¬
hen, holte Athem und ſuchte zu uͤberlegen,
was ich beginnen ſolle; und nun bemerkte ich
erſt, daß das Terrain mir ſehr zu Statten
kam: denn ſie gingen auf der andern Seite
des Baches, der, ſo wie die Wieſenſtreifen,
durch die er hinlief, zwey Fußpfade ziemlich
aus einander hielt. Als ſie gegen mir uͤber
waren rief Friedricke, die mich ſchon lange
gewahrt hatte: Georges, was bringſt du?
Ich war klug genug, das Geſicht mit dem
Hute, den ich abnahm, zu bedecken, indem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0560" n="552"/>
ablehnte und mir vorbehielt, ihm die &#x017F;einigen<lb/>
wieder zuzu&#x017F;tellen.</p><lb/>
        <p>Ich war nicht weit mit meiner Gabe ge¬<lb/>
&#x017F;prungen, die ich in einer &#x017F;auberen zu&#x017F;am¬<lb/>
mengeknu&#x0364;pften Serviette trug, als ich in der<lb/>
Ferne meinen Freund mit den beyden Frau¬<lb/>
enzimmern mir entgegen kommen &#x017F;ah. Mein<lb/>
Herz war beklommen, wie &#x017F;ich's eigentlich un¬<lb/>
ter die&#x017F;er Jacke nicht ziemte. Ich blieb &#x017F;te¬<lb/>
hen, holte Athem und &#x017F;uchte zu u&#x0364;berlegen,<lb/>
was ich beginnen &#x017F;olle; und nun bemerkte ich<lb/>
er&#x017F;t, daß das Terrain mir &#x017F;ehr zu Statten<lb/>
kam: denn &#x017F;ie gingen auf der andern Seite<lb/>
des Baches, der, &#x017F;o wie die Wie&#x017F;en&#x017F;treifen,<lb/>
durch die er hinlief, zwey Fußpfade ziemlich<lb/>
aus einander hielt. Als &#x017F;ie gegen mir u&#x0364;ber<lb/>
waren rief Friedricke, die mich &#x017F;chon lange<lb/>
gewahrt hatte: Georges, was bring&#x017F;t du?<lb/>
Ich war klug genug, das Ge&#x017F;icht mit dem<lb/>
Hute, den ich abnahm, zu bedecken, indem<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[552/0560] ablehnte und mir vorbehielt, ihm die ſeinigen wieder zuzuſtellen. Ich war nicht weit mit meiner Gabe ge¬ ſprungen, die ich in einer ſauberen zuſam¬ mengeknuͤpften Serviette trug, als ich in der Ferne meinen Freund mit den beyden Frau¬ enzimmern mir entgegen kommen ſah. Mein Herz war beklommen, wie ſich's eigentlich un¬ ter dieſer Jacke nicht ziemte. Ich blieb ſte¬ hen, holte Athem und ſuchte zu uͤberlegen, was ich beginnen ſolle; und nun bemerkte ich erſt, daß das Terrain mir ſehr zu Statten kam: denn ſie gingen auf der andern Seite des Baches, der, ſo wie die Wieſenſtreifen, durch die er hinlief, zwey Fußpfade ziemlich aus einander hielt. Als ſie gegen mir uͤber waren rief Friedricke, die mich ſchon lange gewahrt hatte: Georges, was bringſt du? Ich war klug genug, das Geſicht mit dem Hute, den ich abnahm, zu bedecken, indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/560
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 552. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/560>, abgerufen am 22.11.2024.