Bey einer so verdrießlichen und schmerz¬ haften Cur verlor unser Herder nicht an sei¬ ner Lebhaftigkeit; sie ward aber immer weni¬ ger wohlthätig. Er konnte nicht ein Billet schreiben, um etwas zu verlangen, das nicht mit irgend einer Verhöhnung gewürzt gewe¬ sen wäre. So schrieb er mir zum Beyspiel einmal:
Wenn des Brutus Briefe dir sind in Cicero's Briefen, Dir, den die Tröster der Schulen von wohlge¬ hobelten Brettern, Prachtgerüstete, trösten, doch mehr von außen als innen, Der von Göttern du stammst, von Gothen oder vom Kothe, Goethe, sende mir sie.
Es war freylich nicht fein, daß er sich mit meinem Namen diesen Spaß erlaubte: denn der Eigenname eines Menschen ist nicht etwa wie ein Mantel, der bloß um ihn her hängt und an dem man allenfalls noch zupfen
Bey einer ſo verdrießlichen und ſchmerz¬ haften Cur verlor unſer Herder nicht an ſei¬ ner Lebhaftigkeit; ſie ward aber immer weni¬ ger wohlthaͤtig. Er konnte nicht ein Billet ſchreiben, um etwas zu verlangen, das nicht mit irgend einer Verhoͤhnung gewuͤrzt gewe¬ ſen waͤre. So ſchrieb er mir zum Beyſpiel einmal:
Wenn des Brutus Briefe dir ſind in Cicero's Briefen, Dir, den die Troͤſter der Schulen von wohlge¬ hobelten Brettern, Prachtgeruͤſtete, troͤſten, doch mehr von außen als innen, Der von Goͤttern du ſtammſt, von Gothen oder vom Kothe, Goethe, ſende mir ſie.
Es war freylich nicht fein, daß er ſich mit meinem Namen dieſen Spaß erlaubte: denn der Eigenname eines Menſchen iſt nicht etwa wie ein Mantel, der bloß um ihn her haͤngt und an dem man allenfalls noch zupfen
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Bey einer ſo verdrießlichen und ſchmerz¬
haften Cur verlor unſer Herder nicht an ſei¬
ner Lebhaftigkeit; ſie ward aber immer weni¬
ger wohlthaͤtig. Er konnte nicht ein Billet
ſchreiben, um etwas zu verlangen, das nicht
mit irgend einer Verhoͤhnung gewuͤrzt gewe¬
ſen waͤre. So ſchrieb er mir zum Beyſpiel
einmal:
Wenn des Brutus Briefe dir ſind in Cicero's
Briefen,
Dir, den die Troͤſter der Schulen von wohlge¬
hobelten Brettern,
Prachtgeruͤſtete, troͤſten, doch mehr von außen
als innen,
Der von Goͤttern du ſtammſt, von Gothen oder
vom Kothe,
Goethe, ſende mir ſie.
Es war freylich nicht fein, daß er ſich
mit meinem Namen dieſen Spaß erlaubte:
denn der Eigenname eines Menſchen iſt nicht
etwa wie ein Mantel, der bloß um ihn her
haͤngt und an dem man allenfalls noch zupfen
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/479>, abgerufen am 25.11.2024.
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