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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

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den Landhäusern Privat-Bälle, und man
sprach schon von den brillanten Redouten des
zukommenden Winters. Hier wäre ich nun
freylich nicht an meinem Platz und der Ge¬
sellschaft unnütz gewesen; da rieth mir ein
Freund, der sehr gut walzte, mich erst in
minder guten Gesellschaften zu üben, damit
ich hernach in der besten etwas gelten könn¬
te. Er brachte mich zu einem Tanzmeister,
der für geschickt bekannt war; dieser versprach
mir, wenn ich nur einigermaßen die ersten
Anfangsgründe wiederholt und mir zu eigen
gemacht hätte, mich dann weiter zu leiten.
Er war eine von den trockenen gewandten
französischen Naturen, und nahm mich freund¬
lich auf. Ich zahlte ihm den Monat vor¬
aus, und erhielt zwölf Billette, gegen die
er mir gewisse Stunden Unterricht zusagte.
Der Mann war streng, genau, aber nicht
pedantisch; und da ich schon einige Vor¬
übung hatte, so machte ich es ihm bald zu
Danke und erhielt seinen Beyfall.

den Landhaͤuſern Privat-Baͤlle, und man
ſprach ſchon von den brillanten Redouten des
zukommenden Winters. Hier waͤre ich nun
freylich nicht an meinem Platz und der Ge¬
ſellſchaft unnuͤtz geweſen; da rieth mir ein
Freund, der ſehr gut walzte, mich erſt in
minder guten Geſellſchaften zu uͤben, damit
ich hernach in der beſten etwas gelten koͤnn¬
te. Er brachte mich zu einem Tanzmeiſter,
der fuͤr geſchickt bekannt war; dieſer verſprach
mir, wenn ich nur einigermaßen die erſten
Anfangsgruͤnde wiederholt und mir zu eigen
gemacht haͤtte, mich dann weiter zu leiten.
Er war eine von den trockenen gewandten
franzoͤſiſchen Naturen, und nahm mich freund¬
lich auf. Ich zahlte ihm den Monat vor¬
aus, und erhielt zwoͤlf Billette, gegen die
er mir gewiſſe Stunden Unterricht zuſagte.
Der Mann war ſtreng, genau, aber nicht
pedantiſch; und da ich ſchon einige Vor¬
uͤbung hatte, ſo machte ich es ihm bald zu
Danke und erhielt ſeinen Beyfall.

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[428/0436] den Landhaͤuſern Privat-Baͤlle, und man ſprach ſchon von den brillanten Redouten des zukommenden Winters. Hier waͤre ich nun freylich nicht an meinem Platz und der Ge¬ ſellſchaft unnuͤtz geweſen; da rieth mir ein Freund, der ſehr gut walzte, mich erſt in minder guten Geſellſchaften zu uͤben, damit ich hernach in der beſten etwas gelten koͤnn¬ te. Er brachte mich zu einem Tanzmeiſter, der fuͤr geſchickt bekannt war; dieſer verſprach mir, wenn ich nur einigermaßen die erſten Anfangsgruͤnde wiederholt und mir zu eigen gemacht haͤtte, mich dann weiter zu leiten. Er war eine von den trockenen gewandten franzoͤſiſchen Naturen, und nahm mich freund¬ lich auf. Ich zahlte ihm den Monat vor¬ aus, und erhielt zwoͤlf Billette, gegen die er mir gewiſſe Stunden Unterricht zuſagte. Der Mann war ſtreng, genau, aber nicht pedantiſch; und da ich ſchon einige Vor¬ uͤbung hatte, ſo machte ich es ihm bald zu Danke und erhielt ſeinen Beyfall.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 428. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/436>, abgerufen am 24.11.2024.