im Romanen- und Fechtersinn, mit der Rol¬ le des Secundanten begnügen. Da er sich nun durchaus gleich blieb und als ein rechtes Muster einer guten und beständigen Sinnes¬ art angesehen werden konnte; so prägte sich der Begriff von ihm so tief als liebenswür¬ dig bey mir ein, und als ich den Götz von Berlichingen schrieb, fühlte ich mich veran¬ laßt, unserer Freundschaft ein Denkmal zu setzen und der wackern Figur, die sich auf so eine würdige Art zu subordiniren weiß, den Namen Franz Lerse zu geben.
Indeß er nun mit seiner fortgesetzten hu¬ moristischen Trockenheit uns immer zu erin¬ nern wußte, was man sich und andern schul¬ dig sey, und wie man sich einzurichten habe, um mit den Menschen so lange als möglich in Frieden zu leben, und sich deshalb gegen sie in einige Positur zu setzen; so hatte ich innerlich und äußerlich mit ganz andern Ver¬ hältnissen und Gegnern zu kämpfen, indem
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im Romanen- und Fechterſinn, mit der Rol¬ le des Secundanten begnuͤgen. Da er ſich nun durchaus gleich blieb und als ein rechtes Muſter einer guten und beſtaͤndigen Sinnes¬ art angeſehen werden konnte; ſo praͤgte ſich der Begriff von ihm ſo tief als liebenswuͤr¬ dig bey mir ein, und als ich den Goͤtz von Berlichingen ſchrieb, fuͤhlte ich mich veran¬ laßt, unſerer Freundſchaft ein Denkmal zu ſetzen und der wackern Figur, die ſich auf ſo eine wuͤrdige Art zu ſubordiniren weiß, den Namen Franz Lerſe zu geben.
Indeß er nun mit ſeiner fortgeſetzten hu¬ moriſtiſchen Trockenheit uns immer zu erin¬ nern wußte, was man ſich und andern ſchul¬ dig ſey, und wie man ſich einzurichten habe, um mit den Menſchen ſo lange als moͤglich in Frieden zu leben, und ſich deshalb gegen ſie in einige Poſitur zu ſetzen; ſo hatte ich innerlich und aͤußerlich mit ganz andern Ver¬ haͤltniſſen und Gegnern zu kaͤmpfen, indem
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im Romanen- und Fechterſinn, mit der Rol¬
le des Secundanten begnuͤgen. Da er ſich
nun durchaus gleich blieb und als ein rechtes
Muſter einer guten und beſtaͤndigen Sinnes¬
art angeſehen werden konnte; ſo praͤgte ſich
der Begriff von ihm ſo tief als liebenswuͤr¬
dig bey mir ein, und als ich den Goͤtz von
Berlichingen ſchrieb, fuͤhlte ich mich veran¬
laßt, unſerer Freundſchaft ein Denkmal zu
ſetzen und der wackern Figur, die ſich auf ſo
eine wuͤrdige Art zu ſubordiniren weiß, den
Namen Franz Lerſe zu geben.
Indeß er nun mit ſeiner fortgeſetzten hu¬
moriſtiſchen Trockenheit uns immer zu erin¬
nern wußte, was man ſich und andern ſchul¬
dig ſey, und wie man ſich einzurichten habe,
um mit den Menſchen ſo lange als moͤglich
in Frieden zu leben, und ſich deshalb gegen
ſie in einige Poſitur zu ſetzen; ſo hatte ich
innerlich und aͤußerlich mit ganz andern Ver¬
haͤltniſſen und Gegnern zu kaͤmpfen, indem
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/395>, abgerufen am 28.11.2024.
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