nach seinem Gleichniß, unbedingt, aber in ihm enthalten und durch ihn begränzt. Um¬ geben von einer solchen Glorie vergaß er sei¬ nes höhern Ursprungs und glaubte ihn in sich selbst zu finden, und aus diesem ersten Un¬ dank entsprang alles was uns nicht mit dem Sinne und den Absichten der Gottheit über¬ einzustimmen scheint. Jemehr er sich nun in sich selbst concentrirte, je unwohler mußte es ihm werden, so wie allen den Geistern, denen er die süße Erhebung zu ihrem Ursprung ver¬ kümmerte. Und so ereignete sich das, was uns unter der Form des Abfalls der Engel bezeichnet wird. Ein Theil derselben concen¬ trirte sich mit Lueifer, der andere wendete sich wieder gegen seinen Ursprung. Aus dieser Concentration der ganzen Schöpfung, denn sie war von Lucifer ausgegangen und mußte ihm folgen, entsprang nun alles das, was wir un¬ ter der Gestalt der Materie gewahr werden, was wir uns als schwer, fest und finster vor¬ stellen, welches aber, indem es wenn auch
nach ſeinem Gleichniß, unbedingt, aber in ihm enthalten und durch ihn begraͤnzt. Um¬ geben von einer ſolchen Glorie vergaß er ſei¬ nes hoͤhern Urſprungs und glaubte ihn in ſich ſelbſt zu finden, und aus dieſem erſten Un¬ dank entſprang alles was uns nicht mit dem Sinne und den Abſichten der Gottheit uͤber¬ einzuſtimmen ſcheint. Jemehr er ſich nun in ſich ſelbſt concentrirte, je unwohler mußte es ihm werden, ſo wie allen den Geiſtern, denen er die ſuͤße Erhebung zu ihrem Urſprung ver¬ kuͤmmerte. Und ſo ereignete ſich das, was uns unter der Form des Abfalls der Engel bezeichnet wird. Ein Theil derſelben concen¬ trirte ſich mit Lueifer, der andere wendete ſich wieder gegen ſeinen Urſprung. Aus dieſer Concentration der ganzen Schoͤpfung, denn ſie war von Lucifer ausgegangen und mußte ihm folgen, entſprang nun alles das, was wir un¬ ter der Geſtalt der Materie gewahr werden, was wir uns als ſchwer, feſt und finſter vor¬ ſtellen, welches aber, indem es wenn auch
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0340"n="332"/>
nach ſeinem Gleichniß, unbedingt, aber in<lb/>
ihm enthalten und durch ihn begraͤnzt. Um¬<lb/>
geben von einer ſolchen Glorie vergaß er ſei¬<lb/>
nes hoͤhern Urſprungs und glaubte ihn in ſich<lb/>ſelbſt zu finden, und aus dieſem erſten Un¬<lb/>
dank entſprang alles was uns nicht mit dem<lb/>
Sinne und den Abſichten der Gottheit uͤber¬<lb/>
einzuſtimmen ſcheint. Jemehr er ſich nun in<lb/>ſich ſelbſt concentrirte, je unwohler mußte es<lb/>
ihm werden, ſo wie allen den Geiſtern, denen<lb/>
er die ſuͤße Erhebung zu ihrem Urſprung ver¬<lb/>
kuͤmmerte. Und ſo ereignete ſich das, was<lb/>
uns unter der Form des Abfalls der Engel<lb/>
bezeichnet wird. Ein Theil derſelben concen¬<lb/>
trirte ſich mit Lueifer, der andere wendete ſich<lb/>
wieder gegen ſeinen Urſprung. Aus dieſer<lb/>
Concentration der ganzen Schoͤpfung, denn ſie<lb/>
war von Lucifer ausgegangen und mußte ihm<lb/>
folgen, entſprang nun alles das, was wir un¬<lb/>
ter der Geſtalt der Materie gewahr werden,<lb/>
was wir uns als ſchwer, feſt und finſter vor¬<lb/>ſtellen, welches aber, indem es wenn auch<lb/></p></div></body></text></TEI>
[332/0340]
nach ſeinem Gleichniß, unbedingt, aber in
ihm enthalten und durch ihn begraͤnzt. Um¬
geben von einer ſolchen Glorie vergaß er ſei¬
nes hoͤhern Urſprungs und glaubte ihn in ſich
ſelbſt zu finden, und aus dieſem erſten Un¬
dank entſprang alles was uns nicht mit dem
Sinne und den Abſichten der Gottheit uͤber¬
einzuſtimmen ſcheint. Jemehr er ſich nun in
ſich ſelbſt concentrirte, je unwohler mußte es
ihm werden, ſo wie allen den Geiſtern, denen
er die ſuͤße Erhebung zu ihrem Urſprung ver¬
kuͤmmerte. Und ſo ereignete ſich das, was
uns unter der Form des Abfalls der Engel
bezeichnet wird. Ein Theil derſelben concen¬
trirte ſich mit Lueifer, der andere wendete ſich
wieder gegen ſeinen Urſprung. Aus dieſer
Concentration der ganzen Schoͤpfung, denn ſie
war von Lucifer ausgegangen und mußte ihm
folgen, entſprang nun alles das, was wir un¬
ter der Geſtalt der Materie gewahr werden,
was wir uns als ſchwer, feſt und finſter vor¬
ſtellen, welches aber, indem es wenn auch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/340>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.