Der materielle Eindruck ist es, der den An¬ fang selbst zu jeder höheren Liebhaberey macht.
Mit meinem Schuster vertrug ich mich ganz gut. Er war geistreich und mannigfal¬ tig genug, und wir überboten uns manchmal an neckischen Einfällen; jedoch ein Mensch der sich glücklich preist, und von andern verlangt, daß sie das Gleiche thun sollen, versetzt uns in ein Mißbehagen, ja die Wiederholung sol¬ cher Gesinnungen macht uns Langeweile. Ich fand mich wohl beschäftigt, unterhalten, auf¬ geregt, aber keineswegs glücklich, und die Schuhe nach seinem Leisten wollten mir nicht passen. Wir schieden jedoch als die besten Freunde, und auch meine Wirthinn war beym Abschiede nicht unzufrieden mit mir.
So sollte mir denn auch, noch kurz vor meiner Abreise, etwas sehr Angenehmes be¬ gegnen. Durch die Vermittelung jenes jun¬ gen Mannes, der sich wieder bey mir in ei¬
Der materielle Eindruck iſt es, der den An¬ fang ſelbſt zu jeder hoͤheren Liebhaberey macht.
Mit meinem Schuſter vertrug ich mich ganz gut. Er war geiſtreich und mannigfal¬ tig genug, und wir uͤberboten uns manchmal an neckiſchen Einfaͤllen; jedoch ein Menſch der ſich gluͤcklich preiſt, und von andern verlangt, daß ſie das Gleiche thun ſollen, verſetzt uns in ein Mißbehagen, ja die Wiederholung ſol¬ cher Geſinnungen macht uns Langeweile. Ich fand mich wohl beſchaͤftigt, unterhalten, auf¬ geregt, aber keineswegs gluͤcklich, und die Schuhe nach ſeinem Leiſten wollten mir nicht paſſen. Wir ſchieden jedoch als die beſten Freunde, und auch meine Wirthinn war beym Abſchiede nicht unzufrieden mit mir.
So ſollte mir denn auch, noch kurz vor meiner Abreiſe, etwas ſehr Angenehmes be¬ gegnen. Durch die Vermittelung jenes jun¬ gen Mannes, der ſich wieder bey mir in ei¬
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Der materielle Eindruck iſt es, der den An¬
fang ſelbſt zu jeder hoͤheren Liebhaberey macht.
Mit meinem Schuſter vertrug ich mich
ganz gut. Er war geiſtreich und mannigfal¬
tig genug, und wir uͤberboten uns manchmal
an neckiſchen Einfaͤllen; jedoch ein Menſch der
ſich gluͤcklich preiſt, und von andern verlangt,
daß ſie das Gleiche thun ſollen, verſetzt uns
in ein Mißbehagen, ja die Wiederholung ſol¬
cher Geſinnungen macht uns Langeweile. Ich
fand mich wohl beſchaͤftigt, unterhalten, auf¬
geregt, aber keineswegs gluͤcklich, und die
Schuhe nach ſeinem Leiſten wollten mir nicht
paſſen. Wir ſchieden jedoch als die beſten
Freunde, und auch meine Wirthinn war beym
Abſchiede nicht unzufrieden mit mir.
So ſollte mir denn auch, noch kurz vor
meiner Abreiſe, etwas ſehr Angenehmes be¬
gegnen. Durch die Vermittelung jenes jun¬
gen Mannes, der ſich wieder bey mir in ei¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 265. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/273>, abgerufen am 25.11.2024.
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