chen dadurch, mit dem ich bisher in leidlichem Verhältniß gestanden hatte, und mußte bey mancherley Widerwärtigkeiten, die ich mir und Anderen, es sey nun im Thun oder Un¬ terlassen, im Zuviel oder Zuwenig zugezogen hatte, von Wohlwollenden die Bemerkung hö¬ ren, daß es mir an Erfahrung fehle. Das Gleiche sagte mir wohl irgend ein Gutdenken¬ der, der meine Productionen sah, besonders wenn sie sich auf die Außenwelt bezogen. Ich beobachtete diese so gut ich konnte, fand aber daran wenig Erbauliches, und mußte noch immer genug von dem Meinigen hinzuthun, um sie nur erträglich zu finden. Auch mei¬ nem Freunde Behrisch hatte ich manchmal zugesetzt, er solle mir deutlich machen, was Erfahrung sey? Weil er aber voller Thorhei¬ ten steckte, so vertröstete er mich von einem Tage zum anderen und eröffnete mir zuletzt, nach großen Vorbereitungen: die wahre Er¬ fahrung sey ganz eigentlich, wenn man erfah¬ re, wie ein Erfahrner die Erfahrung erfah¬
chen dadurch, mit dem ich bisher in leidlichem Verhaͤltniß geſtanden hatte, und mußte bey mancherley Widerwaͤrtigkeiten, die ich mir und Anderen, es ſey nun im Thun oder Un¬ terlaſſen, im Zuviel oder Zuwenig zugezogen hatte, von Wohlwollenden die Bemerkung hoͤ¬ ren, daß es mir an Erfahrung fehle. Das Gleiche ſagte mir wohl irgend ein Gutdenken¬ der, der meine Productionen ſah, beſonders wenn ſie ſich auf die Außenwelt bezogen. Ich beobachtete dieſe ſo gut ich konnte, fand aber daran wenig Erbauliches, und mußte noch immer genug von dem Meinigen hinzuthun, um ſie nur ertraͤglich zu finden. Auch mei¬ nem Freunde Behriſch hatte ich manchmal zugeſetzt, er ſolle mir deutlich machen, was Erfahrung ſey? Weil er aber voller Thorhei¬ ten ſteckte, ſo vertroͤſtete er mich von einem Tage zum anderen und eroͤffnete mir zuletzt, nach großen Vorbereitungen: die wahre Er¬ fahrung ſey ganz eigentlich, wenn man erfah¬ re, wie ein Erfahrner die Erfahrung erfah¬
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chen dadurch, mit dem ich bisher in leidlichem
Verhaͤltniß geſtanden hatte, und mußte bey
mancherley Widerwaͤrtigkeiten, die ich mir
und Anderen, es ſey nun im Thun oder Un¬
terlaſſen, im Zuviel oder Zuwenig zugezogen
hatte, von Wohlwollenden die Bemerkung hoͤ¬
ren, daß es mir an Erfahrung fehle. Das
Gleiche ſagte mir wohl irgend ein Gutdenken¬
der, der meine Productionen ſah, beſonders
wenn ſie ſich auf die Außenwelt bezogen. Ich
beobachtete dieſe ſo gut ich konnte, fand aber
daran wenig Erbauliches, und mußte noch
immer genug von dem Meinigen hinzuthun,
um ſie nur ertraͤglich zu finden. Auch mei¬
nem Freunde Behriſch hatte ich manchmal
zugeſetzt, er ſolle mir deutlich machen, was
Erfahrung ſey? Weil er aber voller Thorhei¬
ten ſteckte, ſo vertroͤſtete er mich von einem
Tage zum anderen und eroͤffnete mir zuletzt,
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re, wie ein Erfahrner die Erfahrung erfah¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/231>, abgerufen am 24.11.2024.
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