Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

seiner öftern einsamen Spazirgänge beriefen,
scherzhaft, geistreich und wahrhaft geantwor¬
tet: er sey dabey nicht müßig, er gehe auf die
Bilderjagd. Einem Edelmann und Soldaten
ziemte dieß Gleichniß wohl, der sich dadurch
Männern seines Standes gegenüber stellte, die
mit der Flinte im Arm auf die Hasen- und
Hühnerjagd, so oft sich nur Gelegenheit zeig¬
te, auszugehen nicht versäumten. Wir finden
daher in Kleistens Gedichten von solchen ein¬
zelnen, glücklich aufgehaschten, obgleich nicht
immer glücklich verarbeiteten Bildern gar
Manches, was uns freundlich an die Natur
erinnert. Nun aber ermahnte man uns auch
ganz ernstlich, auf die Bilderjagd auszuge¬
hen, die uns denn doch zuletzt nicht ganz ohne
Frucht ließ, obgleich Apels Garten, die Ku¬
chengärten, das Rosenthal, Golis, Raschwitz
und Konnewitz das wunderlichste Revier seyn
mochte, um poetisches Wildprett darin aufzu¬
suchen. Und doch ward ich aus jenem An¬
laß öfters bewogen, meinen Spazirgang ein¬

ſeiner oͤftern einſamen Spazirgaͤnge beriefen,
ſcherzhaft, geiſtreich und wahrhaft geantwor¬
tet: er ſey dabey nicht muͤßig, er gehe auf die
Bilderjagd. Einem Edelmann und Soldaten
ziemte dieß Gleichniß wohl, der ſich dadurch
Maͤnnern ſeines Standes gegenuͤber ſtellte, die
mit der Flinte im Arm auf die Haſen- und
Huͤhnerjagd, ſo oft ſich nur Gelegenheit zeig¬
te, auszugehen nicht verſaͤumten. Wir finden
daher in Kleiſtens Gedichten von ſolchen ein¬
zelnen, gluͤcklich aufgehaſchten, obgleich nicht
immer gluͤcklich verarbeiteten Bildern gar
Manches, was uns freundlich an die Natur
erinnert. Nun aber ermahnte man uns auch
ganz ernſtlich, auf die Bilderjagd auszuge¬
hen, die uns denn doch zuletzt nicht ganz ohne
Frucht ließ, obgleich Apels Garten, die Ku¬
chengaͤrten, das Roſenthal, Golis, Raſchwitz
und Konnewitz das wunderlichſte Revier ſeyn
mochte, um poetiſches Wildprett darin aufzu¬
ſuchen. Und doch ward ich aus jenem An¬
laß oͤfters bewogen, meinen Spazirgang ein¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0162" n="154"/>
&#x017F;einer o&#x0364;ftern ein&#x017F;amen Spazirga&#x0364;nge beriefen,<lb/>
&#x017F;cherzhaft, gei&#x017F;treich und wahrhaft geantwor¬<lb/>
tet: er &#x017F;ey dabey nicht mu&#x0364;ßig, er gehe auf die<lb/>
Bilderjagd. Einem Edelmann und Soldaten<lb/>
ziemte dieß Gleichniß wohl, der &#x017F;ich dadurch<lb/>
Ma&#x0364;nnern &#x017F;eines Standes gegenu&#x0364;ber &#x017F;tellte, die<lb/>
mit der Flinte im Arm auf die Ha&#x017F;en- und<lb/>
Hu&#x0364;hnerjagd, &#x017F;o oft &#x017F;ich nur Gelegenheit zeig¬<lb/>
te, auszugehen nicht ver&#x017F;a&#x0364;umten. Wir finden<lb/>
daher in Klei&#x017F;tens Gedichten von &#x017F;olchen ein¬<lb/>
zelnen, glu&#x0364;cklich aufgeha&#x017F;chten, obgleich nicht<lb/>
immer glu&#x0364;cklich verarbeiteten Bildern gar<lb/>
Manches, was uns freundlich an die Natur<lb/>
erinnert. Nun aber ermahnte man uns auch<lb/>
ganz ern&#x017F;tlich, auf die Bilderjagd auszuge¬<lb/>
hen, die uns denn doch zuletzt nicht ganz ohne<lb/>
Frucht ließ, obgleich Apels Garten, die Ku¬<lb/>
chenga&#x0364;rten, das Ro&#x017F;enthal, Golis, Ra&#x017F;chwitz<lb/>
und Konnewitz das wunderlich&#x017F;te Revier &#x017F;eyn<lb/>
mochte, um poeti&#x017F;ches Wildprett darin aufzu¬<lb/>
&#x017F;uchen. Und doch ward ich aus jenem An¬<lb/>
laß o&#x0364;fters bewogen, meinen Spazirgang ein¬<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[154/0162] ſeiner oͤftern einſamen Spazirgaͤnge beriefen, ſcherzhaft, geiſtreich und wahrhaft geantwor¬ tet: er ſey dabey nicht muͤßig, er gehe auf die Bilderjagd. Einem Edelmann und Soldaten ziemte dieß Gleichniß wohl, der ſich dadurch Maͤnnern ſeines Standes gegenuͤber ſtellte, die mit der Flinte im Arm auf die Haſen- und Huͤhnerjagd, ſo oft ſich nur Gelegenheit zeig¬ te, auszugehen nicht verſaͤumten. Wir finden daher in Kleiſtens Gedichten von ſolchen ein¬ zelnen, gluͤcklich aufgehaſchten, obgleich nicht immer gluͤcklich verarbeiteten Bildern gar Manches, was uns freundlich an die Natur erinnert. Nun aber ermahnte man uns auch ganz ernſtlich, auf die Bilderjagd auszuge¬ hen, die uns denn doch zuletzt nicht ganz ohne Frucht ließ, obgleich Apels Garten, die Ku¬ chengaͤrten, das Roſenthal, Golis, Raſchwitz und Konnewitz das wunderlichſte Revier ſeyn mochte, um poetiſches Wildprett darin aufzu¬ ſuchen. Und doch ward ich aus jenem An¬ laß oͤfters bewogen, meinen Spazirgang ein¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/162
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/162>, abgerufen am 25.11.2024.