diese höchst löbliche, verständige Auslegungs¬ weise zuletzt der poetische Gehalt jener Schrif¬ ten mit dem prophetischen verloren gehen müsse.
Näher aber lag denen, welche sich mit deutscher Litteratur und schönen Wissenschaften abgaben, die Bemühung solcher Männer, die, wie Jerusalem, Zollikoffer, Spal¬ ding, in Predigten und Abhandlungen, durch einen guten und reinen Styl, der Religion und der ihr so nah verwandten Sittenlehre, auch bey Personen von einem gewissen Sinn und Geschmack, Beyfall und Anhänglichkeit zu erwerben suchten. Eine gefällige Schreib¬ art fing an durchaus nöthig zu werden, und weil eine solche vor allen Dingen faßlich seyn muß, so standen von vielen Seiten Schrift¬ steller auf, welche von ihren Studien, ihrem Metier klar, deutlich, eindringlich, und so¬ wohl für die Kenner als für die Menge zu schreiben unternahmen.
dieſe hoͤchſt loͤbliche, verſtaͤndige Auslegungs¬ weiſe zuletzt der poetiſche Gehalt jener Schrif¬ ten mit dem prophetiſchen verloren gehen muͤſſe.
Naͤher aber lag denen, welche ſich mit deutſcher Litteratur und ſchoͤnen Wiſſenſchaften abgaben, die Bemuͤhung ſolcher Maͤnner, die, wie Jeruſalem, Zollikoffer, Spal¬ ding, in Predigten und Abhandlungen, durch einen guten und reinen Styl, der Religion und der ihr ſo nah verwandten Sittenlehre, auch bey Perſonen von einem gewiſſen Sinn und Geſchmack, Beyfall und Anhaͤnglichkeit zu erwerben ſuchten. Eine gefaͤllige Schreib¬ art fing an durchaus noͤthig zu werden, und weil eine ſolche vor allen Dingen faßlich ſeyn muß, ſo ſtanden von vielen Seiten Schrift¬ ſteller auf, welche von ihren Studien, ihrem Metier klar, deutlich, eindringlich, und ſo¬ wohl fuͤr die Kenner als fuͤr die Menge zu ſchreiben unternahmen.
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dieſe hoͤchſt loͤbliche, verſtaͤndige Auslegungs¬
weiſe zuletzt der poetiſche Gehalt jener Schrif¬
ten mit dem prophetiſchen verloren gehen muͤſſe.
Naͤher aber lag denen, welche ſich mit
deutſcher Litteratur und ſchoͤnen Wiſſenſchaften
abgaben, die Bemuͤhung ſolcher Maͤnner, die,
wie Jeruſalem, Zollikoffer, Spal¬
ding, in Predigten und Abhandlungen, durch
einen guten und reinen Styl, der Religion
und der ihr ſo nah verwandten Sittenlehre,
auch bey Perſonen von einem gewiſſen Sinn
und Geſchmack, Beyfall und Anhaͤnglichkeit
zu erwerben ſuchten. Eine gefaͤllige Schreib¬
art fing an durchaus noͤthig zu werden, und
weil eine ſolche vor allen Dingen faßlich ſeyn
muß, ſo ſtanden von vielen Seiten Schrift¬
ſteller auf, welche von ihren Studien, ihrem
Metier klar, deutlich, eindringlich, und ſo¬
wohl fuͤr die Kenner als fuͤr die Menge zu
ſchreiben unternahmen.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 2. Tübingen, 1812, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben02_1812/158>, abgerufen am 25.11.2024.
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