Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

heißen die Versicherung fortdauernder Begünsti¬
gung empfangen; so entfernte er sich aus dem
geschlossenen Kreise, die Pfeifer bliesen, der Zug
ging ab, wie er gekommen war, das Gericht
verfolgte seine Geschäfte, bis der zweyte und
endlich der dritte Gesandte eingeführt wur¬
den : denn sie kamen erst einige Zeit nacheinan¬
der, theils damit das Vergnügen des Publi¬
cums länger daure, theils auch weil es im¬
mer dieselben alterthümlichen Virtuosen waren,
welche Nürnberg für sich und seine Mitstädte
zu unterhalten und jedes Jahr an Ort und
Stelle zu bringen übernommen hatte.

Wir Kinder waren bey diesem Feste beson¬
ders interessirt, weil es uns nicht wenig schmei¬
chelte, unsern Großvater an einer so ehrenvol¬
len Stelle zu sehen, und weil wir gewöhnlich
noch selbigen Tag ihn ganz bescheiden zu besu¬
chen pflegten, um, wenn die Großmutter den
Pfeffer in ihre Gewürzladen geschüttet hätte,
einen Becher und Stäbchen, ein paar Hand¬

heißen die Verſicherung fortdauernder Beguͤnſti¬
gung empfangen; ſo entfernte er ſich aus dem
geſchloſſenen Kreiſe, die Pfeifer blieſen, der Zug
ging ab, wie er gekommen war, das Gericht
verfolgte ſeine Geſchaͤfte, bis der zweyte und
endlich der dritte Geſandte eingefuͤhrt wur¬
den : denn ſie kamen erſt einige Zeit nacheinan¬
der, theils damit das Vergnuͤgen des Publi¬
cums laͤnger daure, theils auch weil es im¬
mer dieſelben alterthuͤmlichen Virtuoſen waren,
welche Nuͤrnberg fuͤr ſich und ſeine Mitſtaͤdte
zu unterhalten und jedes Jahr an Ort und
Stelle zu bringen uͤbernommen hatte.

Wir Kinder waren bey dieſem Feſte beſon¬
ders intereſſirt, weil es uns nicht wenig ſchmei¬
chelte, unſern Großvater an einer ſo ehrenvol¬
len Stelle zu ſehen, und weil wir gewoͤhnlich
noch ſelbigen Tag ihn ganz beſcheiden zu beſu¬
chen pflegten, um, wenn die Großmutter den
Pfeffer in ihre Gewuͤrzladen geſchuͤttet haͤtte,
einen Becher und Staͤbchen, ein paar Hand¬

<TEI>
  <text>
    <body>
      <p><pb facs="#f0057" n="41"/>
heißen die Ver&#x017F;icherung fortdauernder Begu&#x0364;n&#x017F;ti¬<lb/>
gung empfangen; &#x017F;o entfernte er &#x017F;ich aus dem<lb/>
ge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;enen Krei&#x017F;e, die Pfeifer blie&#x017F;en, der Zug<lb/>
ging ab, wie er gekommen war, das Gericht<lb/>
verfolgte &#x017F;eine Ge&#x017F;cha&#x0364;fte, bis der zweyte und<lb/>
endlich der dritte Ge&#x017F;andte eingefu&#x0364;hrt wur¬<lb/>
den : denn &#x017F;ie kamen er&#x017F;t einige Zeit nacheinan¬<lb/>
der, theils damit das Vergnu&#x0364;gen des Publi¬<lb/>
cums la&#x0364;nger daure, theils auch weil es im¬<lb/>
mer die&#x017F;elben alterthu&#x0364;mlichen Virtuo&#x017F;en waren,<lb/>
welche Nu&#x0364;rnberg fu&#x0364;r &#x017F;ich und &#x017F;eine Mit&#x017F;ta&#x0364;dte<lb/>
zu unterhalten und jedes Jahr an Ort und<lb/>
Stelle zu bringen u&#x0364;bernommen hatte.</p><lb/>
      <p>Wir Kinder waren bey die&#x017F;em Fe&#x017F;te be&#x017F;on¬<lb/>
ders intere&#x017F;&#x017F;irt, weil es uns nicht wenig &#x017F;chmei¬<lb/>
chelte, un&#x017F;ern Großvater an einer &#x017F;o ehrenvol¬<lb/>
len Stelle zu &#x017F;ehen, und weil wir gewo&#x0364;hnlich<lb/>
noch &#x017F;elbigen Tag ihn ganz be&#x017F;cheiden zu be&#x017F;<lb/>
chen pflegten, um, wenn die Großmutter den<lb/>
Pfeffer in ihre Gewu&#x0364;rzladen ge&#x017F;chu&#x0364;ttet ha&#x0364;tte,<lb/>
einen Becher und Sta&#x0364;bchen, ein paar Hand¬<lb/></p>
    </body>
  </text>
</TEI>
[41/0057] heißen die Verſicherung fortdauernder Beguͤnſti¬ gung empfangen; ſo entfernte er ſich aus dem geſchloſſenen Kreiſe, die Pfeifer blieſen, der Zug ging ab, wie er gekommen war, das Gericht verfolgte ſeine Geſchaͤfte, bis der zweyte und endlich der dritte Geſandte eingefuͤhrt wur¬ den : denn ſie kamen erſt einige Zeit nacheinan¬ der, theils damit das Vergnuͤgen des Publi¬ cums laͤnger daure, theils auch weil es im¬ mer dieſelben alterthuͤmlichen Virtuoſen waren, welche Nuͤrnberg fuͤr ſich und ſeine Mitſtaͤdte zu unterhalten und jedes Jahr an Ort und Stelle zu bringen uͤbernommen hatte. Wir Kinder waren bey dieſem Feſte beſon¬ ders intereſſirt, weil es uns nicht wenig ſchmei¬ chelte, unſern Großvater an einer ſo ehrenvol¬ len Stelle zu ſehen, und weil wir gewoͤhnlich noch ſelbigen Tag ihn ganz beſcheiden zu beſu¬ chen pflegten, um, wenn die Großmutter den Pfeffer in ihre Gewuͤrzladen geſchuͤttet haͤtte, einen Becher und Staͤbchen, ein paar Hand¬

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/57
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/57>, abgerufen am 09.11.2024.