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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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Unterdessen ritt die bürgerliche Cavallerie
in mehreren Abtheilungen, mit den Ober¬
häuptern an ihrer Spitze, an jenen Tagen zu
verschiedenen Thoren hinaus, fand an einer
gewissen Stelle einige Reiter oder Husaren
der zum Geleit berechtigten Reichsstände, die
nebst ihren Anführern wohl empfangen und
bewirthet wurden; man zögerte bis gegen
Abend, und ritt alsdann, kaum von der war¬
tenden Menge gesehen, zur Stadt herein;
da denn mancher bürgerliche Reiter weder
sein Pferd noch sich selbst auf dem Pferde
zu erhalten vermochte. Zu dem Brückenthore
kamen die bedeutendsten Züge herein, und
deswegen war der Andrang dorthin am
stärksten. Ganz zuletzt und mit sinkender
Nacht langte der auf gleiche Weise geleitete
Nürnberger Postwagen an, und man trug
sich mit der Rede, es müsse jederzeit, dem
Herkommen gemäß, eine alte Frau darin
sitzen; weshalb denn die Straßenjungen bey
Ankunft des Wagens in ein gellendes Ge¬

Unterdeſſen ritt die buͤrgerliche Cavallerie
in mehreren Abtheilungen, mit den Ober¬
haͤuptern an ihrer Spitze, an jenen Tagen zu
verſchiedenen Thoren hinaus, fand an einer
gewiſſen Stelle einige Reiter oder Huſaren
der zum Geleit berechtigten Reichsſtaͤnde, die
nebſt ihren Anfuͤhrern wohl empfangen und
bewirthet wurden; man zoͤgerte bis gegen
Abend, und ritt alsdann, kaum von der war¬
tenden Menge geſehen, zur Stadt herein;
da denn mancher buͤrgerliche Reiter weder
ſein Pferd noch ſich ſelbſt auf dem Pferde
zu erhalten vermochte. Zu dem Bruͤckenthore
kamen die bedeutendſten Zuͤge herein, und
deswegen war der Andrang dorthin am
ſtaͤrkſten. Ganz zuletzt und mit ſinkender
Nacht langte der auf gleiche Weiſe geleitete
Nuͤrnberger Poſtwagen an, und man trug
ſich mit der Rede, es muͤſſe jederzeit, dem
Herkommen gemaͤß, eine alte Frau darin
ſitzen; weshalb denn die Straßenjungen bey
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[36/0052] Unterdeſſen ritt die buͤrgerliche Cavallerie in mehreren Abtheilungen, mit den Ober¬ haͤuptern an ihrer Spitze, an jenen Tagen zu verſchiedenen Thoren hinaus, fand an einer gewiſſen Stelle einige Reiter oder Huſaren der zum Geleit berechtigten Reichsſtaͤnde, die nebſt ihren Anfuͤhrern wohl empfangen und bewirthet wurden; man zoͤgerte bis gegen Abend, und ritt alsdann, kaum von der war¬ tenden Menge geſehen, zur Stadt herein; da denn mancher buͤrgerliche Reiter weder ſein Pferd noch ſich ſelbſt auf dem Pferde zu erhalten vermochte. Zu dem Bruͤckenthore kamen die bedeutendſten Zuͤge herein, und deswegen war der Andrang dorthin am ſtaͤrkſten. Ganz zuletzt und mit ſinkender Nacht langte der auf gleiche Weiſe geleitete Nuͤrnberger Poſtwagen an, und man trug ſich mit der Rede, es muͤſſe jederzeit, dem Herkommen gemaͤß, eine alte Frau darin ſitzen; weshalb denn die Straßenjungen bey Ankunft des Wagens in ein gellendes Ge¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/52>, abgerufen am 17.05.2024.