währen kann. Zwar fand ich ziemlich dieselbe Gesellschaft, allein es waren einige Unbekann¬ te darunter. Sie setzten sich hin zu spielen; nur Gretchen und der jüngere Vetter hielten sich zu mir und der Schiefertafel. Das liebe Mädchen äußerte gar anmuthig ihr Behagen, daß sie, als eine Fremde, am Wahltage für eine Bürgerinn gegolten habe, und ihr dieses einzige Schauspiel zu Theil geworden sey. Sie dankte mir aufs verbindlichste, daß ich für sie zu sorgen gewußt, und ihr zeither durch Pylades allerley Einlässe mittels Billette, An¬ weisungen, Freunde und Vorsprache zu ver¬ schaffen die Aufmerksamkeit gehabt.
Von den Reichs-Kleinodien hörte sie gern erzählen. Ich versprach ihr, daß wir diese wo möglich zusammen sehen wollten. Sie machte einige scherzhafte Anmerkungen, als sie erfuhr, daß man Gewänder und Krone dem jungen Kö¬ nig anprobirt habe. Ich wußte, wo sie den
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waͤhren kann. Zwar fand ich ziemlich dieſelbe Geſellſchaft, allein es waren einige Unbekann¬ te darunter. Sie ſetzten ſich hin zu ſpielen; nur Gretchen und der juͤngere Vetter hielten ſich zu mir und der Schiefertafel. Das liebe Maͤdchen aͤußerte gar anmuthig ihr Behagen, daß ſie, als eine Fremde, am Wahltage fuͤr eine Buͤrgerinn gegolten habe, und ihr dieſes einzige Schauſpiel zu Theil geworden ſey. Sie dankte mir aufs verbindlichſte, daß ich fuͤr ſie zu ſorgen gewußt, und ihr zeither durch Pylades allerley Einlaͤſſe mittels Billette, An¬ weiſungen, Freunde und Vorſprache zu ver¬ ſchaffen die Aufmerkſamkeit gehabt.
Von den Reichs-Kleinodien hoͤrte ſie gern erzaͤhlen. Ich verſprach ihr, daß wir dieſe wo moͤglich zuſammen ſehen wollten. Sie machte einige ſcherzhafte Anmerkungen, als ſie erfuhr, daß man Gewaͤnder und Krone dem jungen Koͤ¬ nig anprobirt habe. Ich wußte, wo ſie den
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waͤhren kann. Zwar fand ich ziemlich dieſelbe
Geſellſchaft, allein es waren einige Unbekann¬
te darunter. Sie ſetzten ſich hin zu ſpielen;
nur Gretchen und der juͤngere Vetter hielten
ſich zu mir und der Schiefertafel. Das liebe
Maͤdchen aͤußerte gar anmuthig ihr Behagen,
daß ſie, als eine Fremde, am Wahltage fuͤr
eine Buͤrgerinn gegolten habe, und ihr dieſes
einzige Schauſpiel zu Theil geworden ſey.
Sie dankte mir aufs verbindlichſte, daß ich
fuͤr ſie zu ſorgen gewußt, und ihr zeither durch
Pylades allerley Einlaͤſſe mittels Billette, An¬
weiſungen, Freunde und Vorſprache zu ver¬
ſchaffen die Aufmerkſamkeit gehabt.
Von den Reichs-Kleinodien hoͤrte ſie gern
erzaͤhlen. Ich verſprach ihr, daß wir dieſe wo
moͤglich zuſammen ſehen wollten. Sie machte
einige ſcherzhafte Anmerkungen, als ſie erfuhr,
daß man Gewaͤnder und Krone dem jungen Koͤ¬
nig anprobirt habe. Ich wußte, wo ſie den
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/483>, abgerufen am 24.11.2024.
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