ja man darf sagen glücklich waren. Sie arbeitete des Tags bey der Putzmacherinn; Abends kamen wir gewöhnlich zusammen, und unsre Zufriedenheit ward selbst dadurch nicht gestört, daß es mit den Bestellungen zu Gelegenheits-Gedichten endlich nicht recht mehr fortwollte. Schmerzlich jedoch empfan¬ den wir es, daß uns eins einmal mit Pro¬ test zurückkam, weil es dem Besteller nicht gefiel. Indeß trösteten wir uns, weil wir es gerade für unsere beste Arbeit hielten, und jenen für einen schlechten Kenner erklä¬ ren durften. Der Vetter, der ein für alle¬ mal etwas lernen wollte, veranlaßte nunmehr fingirte Aufgaben, bey deren Auflösung wir uns zwar noch immer gut genug unterhiel¬ ten, aber freylich, da sie nichts einbrachten, unsre kleinen Gelage viel mäßiger einrichten mußten.
Mit jenem großen staatsrechtlichen Ge¬ genstande, der Wahl und Krönung eines rö¬
ja man darf ſagen gluͤcklich waren. Sie arbeitete des Tags bey der Putzmacherinn; Abends kamen wir gewoͤhnlich zuſammen, und unſre Zufriedenheit ward ſelbſt dadurch nicht geſtoͤrt, daß es mit den Beſtellungen zu Gelegenheits-Gedichten endlich nicht recht mehr fortwollte. Schmerzlich jedoch empfan¬ den wir es, daß uns eins einmal mit Pro¬ teſt zuruͤckkam, weil es dem Beſteller nicht gefiel. Indeß troͤſteten wir uns, weil wir es gerade fuͤr unſere beſte Arbeit hielten, und jenen fuͤr einen ſchlechten Kenner erklaͤ¬ ren durften. Der Vetter, der ein fuͤr alle¬ mal etwas lernen wollte, veranlaßte nunmehr fingirte Aufgaben, bey deren Aufloͤſung wir uns zwar noch immer gut genug unterhiel¬ ten, aber freylich, da ſie nichts einbrachten, unſre kleinen Gelage viel maͤßiger einrichten mußten.
Mit jenem großen ſtaatsrechtlichen Ge¬ genſtande, der Wahl und Kroͤnung eines roͤ¬
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ja man darf ſagen gluͤcklich waren. Sie
arbeitete des Tags bey der Putzmacherinn;
Abends kamen wir gewoͤhnlich zuſammen,
und unſre Zufriedenheit ward ſelbſt dadurch
nicht geſtoͤrt, daß es mit den Beſtellungen
zu Gelegenheits-Gedichten endlich nicht recht
mehr fortwollte. Schmerzlich jedoch empfan¬
den wir es, daß uns eins einmal mit Pro¬
teſt zuruͤckkam, weil es dem Beſteller nicht
gefiel. Indeß troͤſteten wir uns, weil wir
es gerade fuͤr unſere beſte Arbeit hielten,
und jenen fuͤr einen ſchlechten Kenner erklaͤ¬
ren durften. Der Vetter, der ein fuͤr alle¬
mal etwas lernen wollte, veranlaßte nunmehr
fingirte Aufgaben, bey deren Aufloͤſung wir
uns zwar noch immer gut genug unterhiel¬
ten, aber freylich, da ſie nichts einbrachten,
unſre kleinen Gelage viel maͤßiger einrichten
mußten.
Mit jenem großen ſtaatsrechtlichen Ge¬
genſtande, der Wahl und Kroͤnung eines roͤ¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/443>, abgerufen am 24.11.2024.
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