Anzahl Hirsche unterhalten worden. Man habe diese Thiere hier bewahrt und genährt, weil nach einem alten Herkommen der Senat alle Jahre einen Hirsch öffentlich verspeiset, den man denn für einen solchen Festtag hier im Gra¬ ben immer zur Hand gehabt, wenn auch aus¬ wärts Fürsten und Ritter der Stadt ihre Jagd¬ befugniß verkümmerten und störten, oder wohl gar Feinde die Stadt eingeschlossen oder belagert hielten. Dieß gefiel uns sehr, und wir wünsch¬ ten, eine solche zahme Wildbahn wäre auch noch bey unsern Zeiten zu sehen gewesen.
Die Hinterseite des Hauses hatte, besonders aus dem oberen Stock, eine sehr angenehme Aussicht über eine beynah unabsehbare Fläche von Nachbarsgärten, die sich bis an die Stadt¬ mauern verbreiteten. Leider aber war, bey Verwandlung der sonst hier befindlichen Ge¬ meindeplätze in Hausgärten, unser Haus und noch einige andere, die gegen die Straßenecke zu lagen, sehr verkürzt worden, indem die
Anzahl Hirſche unterhalten worden. Man habe dieſe Thiere hier bewahrt und genaͤhrt, weil nach einem alten Herkommen der Senat alle Jahre einen Hirſch oͤffentlich verſpeiſet, den man denn fuͤr einen ſolchen Feſttag hier im Gra¬ ben immer zur Hand gehabt, wenn auch aus¬ waͤrts Fuͤrſten und Ritter der Stadt ihre Jagd¬ befugniß verkuͤmmerten und ſtoͤrten, oder wohl gar Feinde die Stadt eingeſchloſſen oder belagert hielten. Dieß gefiel uns ſehr, und wir wuͤnſch¬ ten, eine ſolche zahme Wildbahn waͤre auch noch bey unſern Zeiten zu ſehen geweſen.
Die Hinterſeite des Hauſes hatte, beſonders aus dem oberen Stock, eine ſehr angenehme Ausſicht uͤber eine beynah unabſehbare Flaͤche von Nachbarsgaͤrten, die ſich bis an die Stadt¬ mauern verbreiteten. Leider aber war, bey Verwandlung der ſonſt hier befindlichen Ge¬ meindeplaͤtze in Hausgaͤrten, unſer Haus und noch einige andere, die gegen die Straßenecke zu lagen, ſehr verkuͤrzt worden, indem die
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Anzahl Hirſche unterhalten worden. Man
habe dieſe Thiere hier bewahrt und genaͤhrt,
weil nach einem alten Herkommen der Senat
alle Jahre einen Hirſch oͤffentlich verſpeiſet, den
man denn fuͤr einen ſolchen Feſttag hier im Gra¬
ben immer zur Hand gehabt, wenn auch aus¬
waͤrts Fuͤrſten und Ritter der Stadt ihre Jagd¬
befugniß verkuͤmmerten und ſtoͤrten, oder wohl
gar Feinde die Stadt eingeſchloſſen oder belagert
hielten. Dieß gefiel uns ſehr, und wir wuͤnſch¬
ten, eine ſolche zahme Wildbahn waͤre auch noch
bey unſern Zeiten zu ſehen geweſen.
Die Hinterſeite des Hauſes hatte, beſonders
aus dem oberen Stock, eine ſehr angenehme
Ausſicht uͤber eine beynah unabſehbare Flaͤche
von Nachbarsgaͤrten, die ſich bis an die Stadt¬
mauern verbreiteten. Leider aber war, bey
Verwandlung der ſonſt hier befindlichen Ge¬
meindeplaͤtze in Hausgaͤrten, unſer Haus und
noch einige andere, die gegen die Straßenecke
zu lagen, ſehr verkuͤrzt worden, indem die
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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/25>, abgerufen am 24.11.2024.
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