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Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811.

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in Frankfurt ziemliches Aufsehen. Nicht von
Frankfurt gebürtig hatte er sich daselbst nie¬
dergelassen und war mit der Schwester mei¬
ner Großmutter Textor, einer gebornen Lind¬
heim, verheiratet. Bekannt mit der Hof-
und Staatswelt, und eines erneuten Adels
sich erfreuend, erlangte er dadurch einen
Namen, daß er in die verschiedenen Regun¬
gen, welche in Kirche und Staat zum Vor¬
schein kamen, einzugreifen den Muth hatte.
Er schrieb den Grafen von Rivera, einen
didactischen Roman, dessen Inhalt aus dem
zweyten Titel: oder der ehrliche Mann
am Hofe
, ersichtlich ist. Dieses Werk wurde
gut aufgenommen, weil es auch von den Hö¬
fen, wo sonst nur Klugheit zu Hause ist,
Sittlichkeit verlangte; und so brachte ihm
seine Arbeit Beyfall und Ansehen. Ein
zweytes Werk sollte dagegen desto gefährlicher
für ihn werden. Er schrieb: die einzige
wahre Religion
, ein Buch das die Ab¬
sicht hatte, Toleranz besonders zwischen Luthe¬

II *

in Frankfurt ziemliches Aufſehen. Nicht von
Frankfurt gebuͤrtig hatte er ſich daſelbſt nie¬
dergelaſſen und war mit der Schweſter mei¬
ner Großmutter Textor, einer gebornen Lind¬
heim, verheiratet. Bekannt mit der Hof-
und Staatswelt, und eines erneuten Adels
ſich erfreuend, erlangte er dadurch einen
Namen, daß er in die verſchiedenen Regun¬
gen, welche in Kirche und Staat zum Vor¬
ſchein kamen, einzugreifen den Muth hatte.
Er ſchrieb den Grafen von Rivera, einen
didactiſchen Roman, deſſen Inhalt aus dem
zweyten Titel: oder der ehrliche Mann
am Hofe
, erſichtlich iſt. Dieſes Werk wurde
gut aufgenommen, weil es auch von den Hoͤ¬
fen, wo ſonſt nur Klugheit zu Hauſe iſt,
Sittlichkeit verlangte; und ſo brachte ihm
ſeine Arbeit Beyfall und Anſehen. Ein
zweytes Werk ſollte dagegen deſto gefaͤhrlicher
fuͤr ihn werden. Er ſchrieb: die einzige
wahre Religion
, ein Buch das die Ab¬
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II *
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[163/0179] in Frankfurt ziemliches Aufſehen. Nicht von Frankfurt gebuͤrtig hatte er ſich daſelbſt nie¬ dergelaſſen und war mit der Schweſter mei¬ ner Großmutter Textor, einer gebornen Lind¬ heim, verheiratet. Bekannt mit der Hof- und Staatswelt, und eines erneuten Adels ſich erfreuend, erlangte er dadurch einen Namen, daß er in die verſchiedenen Regun¬ gen, welche in Kirche und Staat zum Vor¬ ſchein kamen, einzugreifen den Muth hatte. Er ſchrieb den Grafen von Rivera, einen didactiſchen Roman, deſſen Inhalt aus dem zweyten Titel: oder der ehrliche Mann am Hofe, erſichtlich iſt. Dieſes Werk wurde gut aufgenommen, weil es auch von den Hoͤ¬ fen, wo ſonſt nur Klugheit zu Hauſe iſt, Sittlichkeit verlangte; und ſo brachte ihm ſeine Arbeit Beyfall und Anſehen. Ein zweytes Werk ſollte dagegen deſto gefaͤhrlicher fuͤr ihn werden. Er ſchrieb: die einzige wahre Religion, ein Buch das die Ab¬ ſicht hatte, Toleranz beſonders zwiſchen Luthe¬ II *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Aus meinem Leben. Dichtung und Wahrheit. Bd. 1. Tübingen, 1811, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_leben01_1811/179>, abgerufen am 22.11.2024.