Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787.Ein Schauspiel. Sie wäre froh gewesen, sich alleinZu retten, hätte dankbar ihr Geschick Erkannt und fremdes Blut vor dem Altar Vergossen, hätte Pflicht genannt Was Noth war. Nun lockt meine Güte In ihrer Brust verweg'nen Wunsch herauf. Vergebens hofft' ich, sie mir zu verbinden; Sie sinnt sich nun ein eigen Schicksal aus. Durch Schmeicheley gewann sie mir das Herz; Nun widersteh' ich der: so sucht sie sich Den Weg durch List und Trug, und meine Güte Scheint ihr ein alt verjährtes Eigenthum. Dritter Auftritt. Iphigenie. Thoas. Iphigenie. Du foderst mich! was bringt dich zu uns her? Thoas. Du schiebst das Opfer auf; sag' an, warum? Ein Schauſpiel. Sie wäre froh geweſen, ſich alleinZu retten, hätte dankbar ihr Geſchick Erkannt und fremdes Blut vor dem Altar Vergoſſen, hätte Pflicht genannt Was Noth war. Nun lockt meine Güte In ihrer Bruſt verweg’nen Wunſch herauf. Vergebens hofft’ ich, ſie mir zu verbinden; Sie ſinnt ſich nun ein eigen Schickſal aus. Durch Schmeicheley gewann ſie mir das Herz; Nun widerſteh’ ich der: ſo ſucht ſie ſich Den Weg durch Liſt und Trug, und meine Güte Scheint ihr ein alt verjährtes Eigenthum. Dritter Auftritt. Iphigenie. Thoas. Iphigenie. Du foderſt mich! was bringt dich zu uns her? Thoas. Du ſchiebſt das Opfer auf; ſag’ an, warum? <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#THO"> <p><pb facs="#f0120" n="111"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel.</hi></fw><lb/> Sie wäre froh geweſen, ſich allein<lb/> Zu retten, hätte dankbar ihr Geſchick<lb/> Erkannt und fremdes Blut vor dem Altar<lb/> Vergoſſen, hätte Pflicht genannt<lb/> Was Noth war. Nun lockt meine Güte<lb/> In ihrer Bruſt verweg’nen Wunſch herauf.<lb/> Vergebens hofft’ ich, ſie mir zu verbinden;<lb/> Sie ſinnt ſich nun ein eigen Schickſal aus.<lb/> Durch Schmeicheley gewann ſie mir das Herz;<lb/> Nun widerſteh’ ich der: ſo ſucht ſie ſich<lb/> Den Weg durch Liſt und Trug, und meine Güte<lb/> Scheint ihr ein alt verjährtes Eigenthum.</p> </sp> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#g">Dritter Auftritt.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#g">Iphigenie. Thoas.</hi> </stage><lb/> <sp who="#IPH"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Iphigenie.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Du foderſt mich! was bringt dich zu uns her?</p> </sp><lb/> <sp who="#THO"> <speaker> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#g">Thoas.</hi> </hi> </speaker><lb/> <p>Du ſchiebſt das Opfer auf; ſag’ an, warum?</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [111/0120]
Ein Schauſpiel.
Sie wäre froh geweſen, ſich allein
Zu retten, hätte dankbar ihr Geſchick
Erkannt und fremdes Blut vor dem Altar
Vergoſſen, hätte Pflicht genannt
Was Noth war. Nun lockt meine Güte
In ihrer Bruſt verweg’nen Wunſch herauf.
Vergebens hofft’ ich, ſie mir zu verbinden;
Sie ſinnt ſich nun ein eigen Schickſal aus.
Durch Schmeicheley gewann ſie mir das Herz;
Nun widerſteh’ ich der: ſo ſucht ſie ſich
Den Weg durch Liſt und Trug, und meine Güte
Scheint ihr ein alt verjährtes Eigenthum.
Dritter Auftritt.
Iphigenie. Thoas.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Iphigenie auf Tauris. Leipzig, 1787, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_iphigenie_1787/120>, abgerufen am 07.07.2024. |