Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein Fragment.
Im Ganzen -- haltet euch an Worte!
Dann geht ihr durch die sichre Pforte
Zum Tempel der Gewißheit ein.
Schüler.
Doch ein Begriff muß bey dem Worte seyn.
Mephistopheles.
Schon gut! Nur muß man sich nicht allzu
ängstlich quälen,
Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
Mit Worten läßt sich trefflich streiten,
Mit Worten ein System bereiten,
An Worte läßt sich trefflich glauben,
Von einem Wort läßt sich kein Jota rauben.
Schüler.
Verzeiht, ich halt' euch auf mit vielen Fragen,
Allein, ich muß euch noch bemüh'n.
Wollt ihr mir von der Medicin
Nicht auch ein kräftig Wörtchen sagen?
Drey Jahr' ist eine kurze Zeit,
Und, Gott! das Feld ist gar zu weit.
Goethe's W. 7. B. C
Ein Fragment.
Im Ganzen — haltet euch an Worte!
Dann geht ihr durch die ſichre Pforte
Zum Tempel der Gewißheit ein.
Schüler.
Doch ein Begriff muß bey dem Worte ſeyn.
Mephiſtopheles.
Schon gut! Nur muß man ſich nicht allzu
ängſtlich quälen,
Denn eben wo Begriffe fehlen,
Da ſtellt ein Wort zur rechten Zeit ſich ein.
Mit Worten läßt ſich trefflich ſtreiten,
Mit Worten ein Syſtem bereiten,
An Worte läßt ſich trefflich glauben,
Von einem Wort läßt ſich kein Jota rauben.
Schüler.
Verzeiht, ich halt’ euch auf mit vielen Fragen,
Allein, ich muß euch noch bemüh’n.
Wollt ihr mir von der Medicin
Nicht auch ein kräftig Wörtchen ſagen?
Drey Jahr’ iſt eine kurze Zeit,
Und, Gott! das Feld iſt gar zu weit.
Goethe’s W. 7. B. C
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MEP">
            <p><pb facs="#f0043" n="33"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Fragment</hi>.</fw><lb/>
Im Ganzen &#x2014; haltet euch an Worte!<lb/>
Dann geht ihr durch die &#x017F;ichre Pforte<lb/>
Zum Tempel der Gewißheit ein.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHUE">
            <speaker><hi rendition="#g">Schüler</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Doch ein Begriff muß bey dem Worte &#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MEP">
            <speaker><hi rendition="#g">Mephi&#x017F;topheles</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Schon gut! Nur muß man &#x017F;ich nicht allzu<lb/>
äng&#x017F;tlich quälen,<lb/>
Denn eben wo Begriffe fehlen,<lb/>
Da &#x017F;tellt ein Wort zur rechten Zeit &#x017F;ich ein.<lb/>
Mit Worten läßt &#x017F;ich trefflich &#x017F;treiten,<lb/>
Mit Worten ein Sy&#x017F;tem bereiten,<lb/>
An Worte läßt &#x017F;ich trefflich glauben,<lb/>
Von einem Wort läßt &#x017F;ich kein Jota rauben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#SCHUE">
            <speaker><hi rendition="#g">Schüler</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Verzeiht, ich halt&#x2019; euch auf mit vielen Fragen,<lb/>
Allein, ich muß euch noch bemüh&#x2019;n.<lb/>
Wollt ihr mir von der Medicin<lb/>
Nicht auch ein kräftig Wörtchen &#x017F;agen?<lb/>
Drey Jahr&#x2019; i&#x017F;t eine kurze Zeit,<lb/>
Und, Gott! das Feld i&#x017F;t gar zu weit.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Goethe&#x2019;s W. 7. B. C</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[33/0043] Ein Fragment. Im Ganzen — haltet euch an Worte! Dann geht ihr durch die ſichre Pforte Zum Tempel der Gewißheit ein. Schüler. Doch ein Begriff muß bey dem Worte ſeyn. Mephiſtopheles. Schon gut! Nur muß man ſich nicht allzu ängſtlich quälen, Denn eben wo Begriffe fehlen, Da ſtellt ein Wort zur rechten Zeit ſich ein. Mit Worten läßt ſich trefflich ſtreiten, Mit Worten ein Syſtem bereiten, An Worte läßt ſich trefflich glauben, Von einem Wort läßt ſich kein Jota rauben. Schüler. Verzeiht, ich halt’ euch auf mit vielen Fragen, Allein, ich muß euch noch bemüh’n. Wollt ihr mir von der Medicin Nicht auch ein kräftig Wörtchen ſagen? Drey Jahr’ iſt eine kurze Zeit, Und, Gott! das Feld iſt gar zu weit. Goethe’s W. 7. B. C

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/43
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 33. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/43>, abgerufen am 24.11.2024.