Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.

Bild:
<< vorherige Seite
Ein Fragment.
Hab' ich vor dem Menschen ein heimlich
Grauen,
Und halt' ihn für einen Schelm dazu!
Gott verzeih' mir's, wenn ich ihm Unrecht thu'!
Faust.
Es muß auch solche Käuze geben.
Margarethe.
Wollte nicht mit seines Gleichen leben!
Kommt er einmal zur Thür herein,
Sieht er immer so spöttisch drein,
Und halb ergrimmt,
Man sieht, daß er an nichts keinen Antheil
nimmt;
Es steht ihm an der Stirn' geschrieben,
Daß er nicht mag eine Seele lieben.
Mir wird's so wohl in deinem Arm,
So frey, so hingegeben warm,
Und seine Gegenwart schnürt mir das Inn're
zu.
Faust.
Du ahndungsvoller Engel du!

Ein Fragment.
Hab’ ich vor dem Menſchen ein heimlich
Grauen,
Und halt’ ihn für einen Schelm dazu!
Gott verzeih’ mir’s, wenn ich ihm Unrecht thu’!
Fauſt.
Es muß auch ſolche Käuze geben.
Margarethe.
Wollte nicht mit ſeines Gleichen leben!
Kommt er einmal zur Thür herein,
Sieht er immer ſo ſpöttiſch drein,
Und halb ergrimmt,
Man ſieht, daß er an nichts keinen Antheil
nimmt;
Es ſteht ihm an der Stirn’ geſchrieben,
Daß er nicht mag eine Seele lieben.
Mir wird’s ſo wohl in deinem Arm,
So frey, ſo hingegeben warm,
Und ſeine Gegenwart ſchnürt mir das Inn’re
zu.
Fauſt.
Du ahndungsvoller Engel du!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#MARGA">
            <p><pb facs="#f0151" n="141"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Fragment</hi>.</fw><lb/>
Hab&#x2019; ich vor dem Men&#x017F;chen ein heimlich<lb/>
Grauen,<lb/>
Und halt&#x2019; ihn für einen Schelm dazu!<lb/>
Gott verzeih&#x2019; mir&#x2019;s, wenn ich ihm Unrecht thu&#x2019;!</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FAU">
            <speaker><hi rendition="#g">Fau&#x017F;t</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Es muß auch &#x017F;olche Käuze geben.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#MARGA">
            <speaker><hi rendition="#g">Margarethe</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Wollte nicht mit &#x017F;eines Gleichen leben!<lb/>
Kommt er einmal zur Thür herein,<lb/>
Sieht er immer &#x017F;o &#x017F;pötti&#x017F;ch drein,<lb/>
Und halb ergrimmt,<lb/>
Man &#x017F;ieht, daß er an nichts keinen Antheil<lb/>
nimmt;<lb/>
Es &#x017F;teht ihm an der Stirn&#x2019; ge&#x017F;chrieben,<lb/>
Daß er nicht mag eine Seele lieben.<lb/>
Mir wird&#x2019;s &#x017F;o wohl in deinem Arm,<lb/>
So frey, &#x017F;o hingegeben warm,<lb/>
Und &#x017F;eine Gegenwart &#x017F;chnürt mir das Inn&#x2019;re<lb/>
zu.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#FAU">
            <speaker><hi rendition="#g">Fau&#x017F;t</hi>.</speaker><lb/>
            <p>Du ahndungsvoller Engel du!</p>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[141/0151] Ein Fragment. Hab’ ich vor dem Menſchen ein heimlich Grauen, Und halt’ ihn für einen Schelm dazu! Gott verzeih’ mir’s, wenn ich ihm Unrecht thu’! Fauſt. Es muß auch ſolche Käuze geben. Margarethe. Wollte nicht mit ſeines Gleichen leben! Kommt er einmal zur Thür herein, Sieht er immer ſo ſpöttiſch drein, Und halb ergrimmt, Man ſieht, daß er an nichts keinen Antheil nimmt; Es ſteht ihm an der Stirn’ geſchrieben, Daß er nicht mag eine Seele lieben. Mir wird’s ſo wohl in deinem Arm, So frey, ſo hingegeben warm, Und ſeine Gegenwart ſchnürt mir das Inn’re zu. Fauſt. Du ahndungsvoller Engel du!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/151
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faustfragment_1790/151>, abgerufen am 17.05.2024.