Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Ein Fragment. Leipzig, 1790.Ein Fragment. Ich hoff' nicht daß ihr geitzig seyd!Ich kratz' den Kopf, reib' an den Händen -- Er stellt das Kästchen in den Schrein und drückt das Schloß wieder zu. Nur fort, geschwind -- Um euch das süße junge Kind Nach Herzens Wunsch und Will' zu wenden; Und ihr seht drein, Als solltet ihr in den Hörsal hinein, Als stünd' leibhaftig vor euch da Physik und Metaphysika! Nur fort -- ab. Margarethe mit einer Lampe. Es ist so schwül, so dumpfig hie, Sie macht das Fenster auf. Und ist doch eben so warm nicht draus. Es wird mir so, ich weiß nicht wie -- Ich wollt', die Mutter käm' nach Haus. Mir läuft ein Schauer über'n Leib -- Bin doch ein thöricht furchtsam Weib! Ein Fragment. Ich hoff’ nicht daß ihr geitzig ſeyd!Ich kratz’ den Kopf, reib’ an den Händen — Er ſtellt das Käſtchen in den Schrein und drückt das Schloß wieder zu. Nur fort, geſchwind — Um euch das ſüße junge Kind Nach Herzens Wunſch und Will’ zu wenden; Und ihr ſeht drein, Als ſolltet ihr in den Hörſal hinein, Als ſtünd’ leibhaftig vor euch da Phyſik und Metaphyſika! Nur fort — ab. Margarethe mit einer Lampe. Es iſt ſo ſchwül, ſo dumpfig hie, Sie macht das Fenſter auf. Und iſt doch eben ſo warm nicht draus. Es wird mir ſo, ich weiß nicht wie — Ich wollt’, die Mutter käm’ nach Haus. Mir läuft ein Schauer über’n Leib — Bin doch ein thöricht furchtſam Weib! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#MEP"> <p><pb facs="#f0103" n="93"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Fragment</hi>.</fw><lb/> Ich hoff’ nicht daß ihr geitzig ſeyd!<lb/> Ich kratz’ den Kopf, reib’ an den Händen —</p><lb/> <stage>Er ſtellt das Käſtchen in den Schrein und drückt das<lb/> Schloß wieder zu.</stage><lb/> <p>Nur fort, geſchwind —<lb/> Um euch das ſüße junge Kind<lb/> Nach Herzens Wunſch und Will’ zu wenden;<lb/> Und ihr ſeht drein,<lb/> Als ſolltet ihr in den Hörſal hinein,<lb/> Als ſtünd’ leibhaftig vor euch da<lb/> Phyſik und Metaphyſika!<lb/> Nur fort —</p><lb/> <stage>ab.</stage> </sp><lb/> <sp who="#MARGA"> <speaker> <hi rendition="#g">Margarethe</hi> </speaker> <stage>mit einer Lampe.</stage><lb/> <p>Es iſt ſo ſchwül, ſo dumpfig hie,</p><lb/> <stage>Sie macht das Fenſter auf.</stage><lb/> <p>Und iſt doch eben ſo warm nicht draus.<lb/> Es wird mir ſo, ich weiß nicht wie —<lb/> Ich wollt’, die Mutter käm’ nach Haus.<lb/> Mir läuft ein Schauer über’n Leib —<lb/> Bin doch ein thöricht furchtſam Weib!</p><lb/> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [93/0103]
Ein Fragment.
Ich hoff’ nicht daß ihr geitzig ſeyd!
Ich kratz’ den Kopf, reib’ an den Händen —
Er ſtellt das Käſtchen in den Schrein und drückt das
Schloß wieder zu.
Nur fort, geſchwind —
Um euch das ſüße junge Kind
Nach Herzens Wunſch und Will’ zu wenden;
Und ihr ſeht drein,
Als ſolltet ihr in den Hörſal hinein,
Als ſtünd’ leibhaftig vor euch da
Phyſik und Metaphyſika!
Nur fort —
ab.
Margarethe mit einer Lampe.
Es iſt ſo ſchwül, ſo dumpfig hie,
Sie macht das Fenſter auf.
Und iſt doch eben ſo warm nicht draus.
Es wird mir ſo, ich weiß nicht wie —
Ich wollt’, die Mutter käm’ nach Haus.
Mir läuft ein Schauer über’n Leib —
Bin doch ein thöricht furchtſam Weib!
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