Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.
Dem Pöbelsinn verworr'ner Geister Entwickelt sich ein Widerstand, Die Ketzer sind's! die Hexenmeister! Und sie verderben Stadt und Land. Die willst du nun mit frechen Scherzen In diese hohen Kreise schwärzen, Ihr hegt euch an verderbtem Herzen, Dem Narren sind sie nah verwandt. Mephistopheles. Daran erkenn' ich den gelehrten Herrn! Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern; Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar; Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr; Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht; Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht. Kaiser. Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt, Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt? Ich habe satt das ewige Wie und Wenn; Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff' es denn! Mephistopheles. Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr; Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer. Es liegt schon da, doch um es zu erlangen Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen? Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften, Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften,
Dem Pöbelsinn verworr’ner Geister Entwickelt sich ein Widerstand, Die Ketzer sind’s! die Hexenmeister! Und sie verderben Stadt und Land. Die willst du nun mit frechen Scherzen In diese hohen Kreise schwärzen, Ihr hegt euch an verderbtem Herzen, Dem Narren sind sie nah verwandt. Mephistopheles. Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn! Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern; Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar; Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr; Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht; Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht. Kaiser. Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt, Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt? Ich habe satt das ewige Wie und Wenn; Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn! Mephistopheles. Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr; Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer. Es liegt schon da, doch um es zu erlangen Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen? Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften, Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften, <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <sp> <p><pb facs="#f0028" n="16"/> Dem Pöbelsinn verworr’ner Geister<lb/> Entwickelt sich ein Widerstand,<lb/> Die Ketzer sind’s! die Hexenmeister!<lb/> Und sie verderben Stadt und Land.<lb/> Die willst du nun mit frechen Scherzen<lb/> In diese hohen Kreise schwärzen,<lb/> Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,<lb/> Dem Narren sind sie nah verwandt.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn!<lb/> Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern;<lb/> Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;<lb/> Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr;<lb/> Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;<lb/> Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Kaiser.</hi> </speaker><lb/> <p>Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,<lb/> Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?<lb/> Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;<lb/> Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn!<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr;<lb/> Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer.<lb/> Es liegt schon da, doch um es zu erlangen<lb/> Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?<lb/> Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,<lb/> Wo Menschenfluthen Land und Volk ersäuften,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [16/0028]
Dem Pöbelsinn verworr’ner Geister
Entwickelt sich ein Widerstand,
Die Ketzer sind’s! die Hexenmeister!
Und sie verderben Stadt und Land.
Die willst du nun mit frechen Scherzen
In diese hohen Kreise schwärzen,
Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,
Dem Narren sind sie nah verwandt.
Mephistopheles.
Daran erkenn’ ich den gelehrten Herrn!
Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern;
Was ihr nicht faßt, das fehlt euch ganz und gar;
Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr sey nicht wahr;
Was ihr nicht wägt, hat für euch kein Gewicht;
Was ihr nicht münzt, das, meint ihr, gelte nicht.
Kaiser.
Dadurch sind unsre Mängel nicht erledigt,
Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?
Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff’ es denn!
Mephistopheles.
Ich schaffe was ihr wollt und schaffe mehr;
Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer.
Es liegt schon da, doch um es zu erlangen
Das ist die Kunst, wer weiß es anzufangen?
Bedenkt doch nur: in jenen Schreckensläuften,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 16. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/28>, abgerufen am 16.07.2024. |