Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832.

Bild:
<< vorherige Seite

Glitzern hier im See sich spiegelnd,
Glänzen droben klarer Nacht;
Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd
Herrscht des Mondes volle Pracht.

Schon verloschen sind die Stunden,
Hingeschwunden Schmerz und Glück;
Fühl' es vor! Du wirst gesunden;
Traue neuem Tagesblick.
Thäler grünen, Hügel schwellen,
Buschen sich zu Schatten-Ruh;
Und in schwanken Silberwellen
Wogt die Saat der Ernte zu.
Wunsch um Wünsche zu erlangen
Schaue nach dem Glanze dort!
Leise bist du nur umfangen,
Schlaf ist Schale, wirf sie fort!
Säume nicht dich zu erdreisten
Wenn die Menge zaudernd schweift;
Alles kann der Edle leisten,
Der versteht und rasch ergreift.
(Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne.)
Ariel.
Horchet! horcht! dem Sturm der Horen,
Tönend wird für Geistes-Ohren
Schon der neue Tag geboren.
Felsenthore knarren rasselnd,
Phöbus Räder rollen prasselnd;

Glitzern hier im See sich spiegelnd,
Glänzen droben klarer Nacht;
Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd
Herrscht des Mondes volle Pracht.

Schon verloschen sind die Stunden,
Hingeschwunden Schmerz und Glück;
Fühl’ es vor! Du wirst gesunden;
Traue neuem Tagesblick.
Thäler grünen, Hügel schwellen,
Buschen sich zu Schatten-Ruh;
Und in schwanken Silberwellen
Wogt die Saat der Ernte zu.
Wunsch um Wünsche zu erlangen
Schaue nach dem Glanze dort!
Leise bist du nur umfangen,
Schlaf ist Schale, wirf sie fort!
Säume nicht dich zu erdreisten
Wenn die Menge zaudernd schweift;
Alles kann der Edle leisten,
Der versteht und rasch ergreift.
(Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne.)
Ariel.
Horchet! horcht! dem Sturm der Horen,
Tönend wird für Geistes-Ohren
Schon der neue Tag geboren.
Felsenthore knarren rasselnd,
Phöbus Räder rollen prasselnd;
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="act" n="1">
        <div type="scene" n="2">
          <sp>
            <lg type="poem">
              <lg>
                <pb facs="#f0017" n="5"/>
                <l rendition="#et">Glitzern hier im See sich spiegelnd,</l><lb/>
                <l rendition="#et">Glänzen droben klarer Nacht;</l><lb/>
                <l rendition="#et">Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd</l><lb/>
                <l rendition="#et">Herrscht des Mondes volle Pracht.</l><lb/>
              </lg>
              <lg>
                <l rendition="#et">Schon verloschen sind die Stunden,</l><lb/>
                <l rendition="#et">Hingeschwunden Schmerz und Glück;</l><lb/>
                <l rendition="#et">Fühl&#x2019; es vor! Du wirst gesunden;</l><lb/>
                <l rendition="#et">Traue neuem Tagesblick.</l><lb/>
                <l rendition="#et">Thäler grünen, Hügel schwellen,</l><lb/>
                <l rendition="#et">Buschen sich zu Schatten-Ruh;</l><lb/>
                <l rendition="#et">Und in schwanken Silberwellen</l><lb/>
                <l rendition="#et">Wogt die Saat der Ernte zu.</l><lb/>
              </lg>
              <lg>
                <l rendition="#et">Wunsch um Wünsche zu erlangen</l><lb/>
                <l rendition="#et">Schaue nach dem Glanze dort!</l><lb/>
                <l rendition="#et">Leise bist du nur umfangen,</l><lb/>
                <l rendition="#et">Schlaf ist Schale, wirf sie fort!</l><lb/>
                <l rendition="#et">Säume nicht dich zu erdreisten</l><lb/>
                <l rendition="#et">Wenn die Menge zaudernd schweift;</l><lb/>
                <l rendition="#et">Alles kann der Edle leisten,</l><lb/>
                <l rendition="#et">Der versteht und rasch ergreift.</l><lb/>
              </lg>
            </lg>
          </sp>
          <stage>(Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne.)</stage><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#g">Ariel.</hi> </speaker><lb/>
            <lg type="poem">
              <l rendition="#et">Horchet! horcht! dem Sturm der Horen,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Tönend wird für Geistes-Ohren</l><lb/>
              <l rendition="#et">Schon der neue Tag geboren.</l><lb/>
              <l rendition="#et">Felsenthore knarren rasselnd,</l><lb/>
              <l rendition="#et">Phöbus Räder rollen prasselnd;</l><lb/>
            </lg>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0017] Glitzern hier im See sich spiegelnd, Glänzen droben klarer Nacht; Tiefsten Ruhens Glück besiegelnd Herrscht des Mondes volle Pracht. Schon verloschen sind die Stunden, Hingeschwunden Schmerz und Glück; Fühl’ es vor! Du wirst gesunden; Traue neuem Tagesblick. Thäler grünen, Hügel schwellen, Buschen sich zu Schatten-Ruh; Und in schwanken Silberwellen Wogt die Saat der Ernte zu. Wunsch um Wünsche zu erlangen Schaue nach dem Glanze dort! Leise bist du nur umfangen, Schlaf ist Schale, wirf sie fort! Säume nicht dich zu erdreisten Wenn die Menge zaudernd schweift; Alles kann der Edle leisten, Der versteht und rasch ergreift. (Ungeheures Getöse verkündet das Herannahen der Sonne.) Ariel. Horchet! horcht! dem Sturm der Horen, Tönend wird für Geistes-Ohren Schon der neue Tag geboren. Felsenthore knarren rasselnd, Phöbus Räder rollen prasselnd;

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-15T13:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Freies Deutsches Hochstift (Frankfurter Goethe-Museum), Sign. III B / 23: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2014-03-12T12:00:00Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-11-15T13:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/17
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/17>, abgerufen am 26.04.2024.