Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832. Famulus. Ach! sein Verbot ist gar zu scharf, Ich weiß nicht ob ich's wagen darf. Monate lang, des großen Werkes willen, Lebt' er im allerstillsten Stillen. Der zarteste gelehrter Männer Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner, Geschwärzt vom Ohre bis zur Nasen, Die Augen roth vom Feuerblasen; So lechzt er jedem Augenblick, Geklirr der Zange gibt Musik. Mephistopheles. Sollt' er den Zutritt mir verneinen? Ich bin der Mann das Glück ihm zu beschleunen. (Der Famulus geht ab, Mephistopheles setzt sich gravi- tätisch nieder.) Kaum hab' ich Posto hier gefaßt Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast. Doch dießmal ist er von den Neusten; Er wird sich gränzenlos erdreusten. Baccalaureus (den Gang herstürmend). Thor und Thüre find' ich offen! Nun, da läßt sich endlich hoffen, Daß nicht, wie bisher, im Moder, Der Lebendige wie ein Todter Sich verkümm're, sich verderbe, Und am Leben selber sterbe. Famulus. Ach! sein Verbot ist gar zu scharf, Ich weiß nicht ob ich’s wagen darf. Monate lang, des großen Werkes willen, Lebt’ er im allerstillsten Stillen. Der zarteste gelehrter Männer Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner, Geschwärzt vom Ohre bis zur Nasen, Die Augen roth vom Feuerblasen; So lechzt er jedem Augenblick, Geklirr der Zange gibt Musik. Mephistopheles. Sollt’ er den Zutritt mir verneinen? Ich bin der Mann das Glück ihm zu beschleunen. (Der Famulus geht ab, Mephistopheles setzt sich gravi- tätisch nieder.) Kaum hab’ ich Posto hier gefaßt Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast. Doch dießmal ist er von den Neusten; Er wird sich gränzenlos erdreusten. Baccalaureus (den Gang herstürmend). Thor und Thüre find’ ich offen! Nun, da läßt sich endlich hoffen, Daß nicht, wie bisher, im Moder, Der Lebendige wie ein Todter Sich verkümm’re, sich verderbe, Und am Leben selber sterbe. <TEI> <text> <body> <div type="act" n="1"> <div type="scene" n="2"> <pb facs="#f0109" n="97"/> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Famulus.</hi> </speaker><lb/> <p>Ach! sein Verbot ist gar zu scharf,<lb/> Ich weiß nicht ob ich’s wagen darf.<lb/> Monate lang, des großen Werkes willen,<lb/> Lebt’ er im allerstillsten Stillen.<lb/> Der zarteste gelehrter Männer<lb/> Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner,<lb/> Geschwärzt vom Ohre bis zur Nasen,<lb/> Die Augen roth vom Feuerblasen;<lb/> So lechzt er jedem Augenblick,<lb/> Geklirr der Zange gibt Musik.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Mephistopheles.</hi> </speaker><lb/> <p>Sollt’ er den Zutritt mir verneinen?<lb/> Ich bin der Mann das Glück ihm zu beschleunen.<lb/></p> <stage>(Der Famulus geht ab, Mephistopheles setzt sich gravi-<lb/> tätisch nieder.)</stage><lb/> <p>Kaum hab’ ich Posto hier gefaßt<lb/> Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast.<lb/> Doch dießmal ist er von den Neusten;<lb/> Er wird sich gränzenlos erdreusten.<lb/></p> </sp> <sp> <speaker> <hi rendition="#g">Baccalaureus</hi> </speaker><lb/> <stage>(den Gang herstürmend).</stage><lb/> <lg type="poem"> <lg> <l rendition="#et">Thor und Thüre find’ ich offen!</l><lb/> <l rendition="#et">Nun, da läßt sich endlich hoffen,</l><lb/> <l rendition="#et">Daß nicht, wie bisher, im Moder,</l><lb/> <l rendition="#et">Der Lebendige wie ein Todter</l><lb/> <l rendition="#et">Sich verkümm’re, sich verderbe,</l><lb/> <l rendition="#et">Und am Leben selber sterbe.</l><lb/> </lg> </lg> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [97/0109]
Famulus.
Ach! sein Verbot ist gar zu scharf,
Ich weiß nicht ob ich’s wagen darf.
Monate lang, des großen Werkes willen,
Lebt’ er im allerstillsten Stillen.
Der zarteste gelehrter Männer
Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner,
Geschwärzt vom Ohre bis zur Nasen,
Die Augen roth vom Feuerblasen;
So lechzt er jedem Augenblick,
Geklirr der Zange gibt Musik.
Mephistopheles.
Sollt’ er den Zutritt mir verneinen?
Ich bin der Mann das Glück ihm zu beschleunen.
(Der Famulus geht ab, Mephistopheles setzt sich gravi-
tätisch nieder.)
Kaum hab’ ich Posto hier gefaßt
Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast.
Doch dießmal ist er von den Neusten;
Er wird sich gränzenlos erdreusten.
Baccalaureus
(den Gang herstürmend).
Thor und Thüre find’ ich offen!
Nun, da läßt sich endlich hoffen,
Daß nicht, wie bisher, im Moder,
Der Lebendige wie ein Todter
Sich verkümm’re, sich verderbe,
Und am Leben selber sterbe.
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Der Tragödie zweiter Teil. Stuttgart, 1832, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust02_1832/109>, abgerufen am 16.02.2025. |