Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.
Sich an die Welt, mit klammernden Organen; Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust, Zu den Gefilden hoher Ahnen. O giebt es Geister in der Luft, Die zwischen Erd' und Himmel herrschend weben, So steiget nieder aus dem goldnen Duft Und führt mich weg, zu neuem buntem Leben! Ja, wäre nur ein Zaubermantel mein! Und trüg' er mich in fremde Länder, Mir sollt' er, um die köstlichsten Gewänder, Nicht feil um einen Königsmantel seyn. Wagner. Berufe nicht die wohlbekannte Schaar, Die, strömend, sich im Dunstkreis überbreitet, Dem Menschen tausendfältige Gefahr, Von allen Enden her, bereitet. Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn Auf dich herbey, mit pfeilgespitzten Zungen; Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran, Und nähren sich von deinen Lungen; Wenn sie der Mittag aus der Wüste schickt, Die Glut auf Glut um deinen Scheitel häufen,
Sich an die Welt, mit klammernden Organen; Die andre hebt gewaltſam ſich vom Duſt, Zu den Gefilden hoher Ahnen. O giebt es Geiſter in der Luft, Die zwiſchen Erd’ und Himmel herrſchend weben, So ſteiget nieder aus dem goldnen Duft Und fuͤhrt mich weg, zu neuem buntem Leben! Ja, waͤre nur ein Zaubermantel mein! Und truͤg’ er mich in fremde Laͤnder, Mir ſollt’ er, um die koͤſtlichſten Gewaͤnder, Nicht feil um einen Koͤnigsmantel ſeyn. Wagner. Berufe nicht die wohlbekannte Schaar, Die, ſtroͤmend, ſich im Dunſtkreis uͤberbreitet, Dem Menſchen tauſendfaͤltige Gefahr, Von allen Enden her, bereitet. Von Norden dringt der ſcharfe Geiſterzahn Auf dich herbey, mit pfeilgeſpitzten Zungen; Von Morgen ziehn, vertrocknend, ſie heran, Und naͤhren ſich von deinen Lungen; Wenn ſie der Mittag aus der Wuͤſte ſchickt, Die Glut auf Glut um deinen Scheitel haͤufen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#FAU"> <p><pb facs="#f0080" n="74"/> Sich an die Welt, mit klammernden Organen;<lb/> Die andre hebt gewaltſam ſich vom Duſt,<lb/> Zu den Gefilden hoher Ahnen.<lb/> O giebt es Geiſter in der Luft,<lb/> Die zwiſchen Erd’ und Himmel herrſchend weben,<lb/> So ſteiget nieder aus dem goldnen Duft<lb/> Und fuͤhrt mich weg, zu neuem buntem Leben!<lb/> Ja, waͤre nur ein Zaubermantel mein!<lb/> Und truͤg’ er mich in fremde Laͤnder,<lb/> Mir ſollt’ er, um die koͤſtlichſten Gewaͤnder,<lb/> Nicht feil um einen Koͤnigsmantel ſeyn.</p> </sp><lb/> <sp who="#WAG"> <speaker><hi rendition="#g">Wagner</hi>.</speaker><lb/> <p>Berufe nicht die wohlbekannte Schaar,<lb/> Die, ſtroͤmend, ſich im Dunſtkreis uͤberbreitet,<lb/> Dem Menſchen tauſendfaͤltige Gefahr,<lb/> Von allen Enden her, bereitet.<lb/> Von Norden dringt der ſcharfe Geiſterzahn<lb/> Auf dich herbey, mit pfeilgeſpitzten Zungen;<lb/> Von Morgen ziehn, vertrocknend, ſie heran,<lb/> Und naͤhren ſich von deinen Lungen;<lb/> Wenn ſie der Mittag aus der Wuͤſte ſchickt,<lb/> Die Glut auf Glut um deinen Scheitel haͤufen,<lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [74/0080]
Sich an die Welt, mit klammernden Organen;
Die andre hebt gewaltſam ſich vom Duſt,
Zu den Gefilden hoher Ahnen.
O giebt es Geiſter in der Luft,
Die zwiſchen Erd’ und Himmel herrſchend weben,
So ſteiget nieder aus dem goldnen Duft
Und fuͤhrt mich weg, zu neuem buntem Leben!
Ja, waͤre nur ein Zaubermantel mein!
Und truͤg’ er mich in fremde Laͤnder,
Mir ſollt’ er, um die koͤſtlichſten Gewaͤnder,
Nicht feil um einen Koͤnigsmantel ſeyn.
Wagner.
Berufe nicht die wohlbekannte Schaar,
Die, ſtroͤmend, ſich im Dunſtkreis uͤberbreitet,
Dem Menſchen tauſendfaͤltige Gefahr,
Von allen Enden her, bereitet.
Von Norden dringt der ſcharfe Geiſterzahn
Auf dich herbey, mit pfeilgeſpitzten Zungen;
Von Morgen ziehn, vertrocknend, ſie heran,
Und naͤhren ſich von deinen Lungen;
Wenn ſie der Mittag aus der Wuͤſte ſchickt,
Die Glut auf Glut um deinen Scheitel haͤufen,
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/80>, abgerufen am 05.07.2024. |