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Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808.

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Da ich die tausend Blumen brach,
Die alle Thäler reichlich füllten.
Ich hatte nichts und doch genug,
Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
Gieb ungebändigt jene Triebe,
Das tiefe schmerzenvolle Glück,
Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
Gieb meine Jugend mir zurück!
Lustige Person.
Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls
Wenn dich in Schlachten Feinde drängen,
Wenn mit Gewalt an deinen Hals
Sich allerliebste Mädchen hängen,
Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
Vom schwer erreichten Ziele winket,
Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz
Die Nächte schmausend man vertrinket.
Doch ins bekannte Saitenspiel
Mit Muth und Anmuth einzugreifen,
Nach einem selbgesteckten Ziel
Mit holdem Irren hinzuschweifen,
Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,
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Da ich die tauſend Blumen brach,
Die alle Thaͤler reichlich fuͤllten.
Ich hatte nichts und doch genug,
Den Drang nach Wahrheit und die Luſt am Trug.
Gieb ungebaͤndigt jene Triebe,
Das tiefe ſchmerzenvolle Gluͤck,
Des Haſſes Kraft, die Macht der Liebe,
Gieb meine Jugend mir zuruͤck!
Luſtige Perſon.
Der Jugend, guter Freund, bedarfſt du allenfalls
Wenn dich in Schlachten Feinde draͤngen,
Wenn mit Gewalt an deinen Hals
Sich allerliebſte Maͤdchen haͤngen,
Wenn fern des ſchnellen Laufes Kranz
Vom ſchwer erreichten Ziele winket,
Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz
Die Naͤchte ſchmauſend man vertrinket.
Doch ins bekannte Saitenſpiel
Mit Muth und Anmuth einzugreifen,
Nach einem ſelbgeſteckten Ziel
Mit holdem Irren hinzuſchweifen,
Das, alte Herrn, iſt eure Pflicht,
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[17/0023] Da ich die tauſend Blumen brach, Die alle Thaͤler reichlich fuͤllten. Ich hatte nichts und doch genug, Den Drang nach Wahrheit und die Luſt am Trug. Gieb ungebaͤndigt jene Triebe, Das tiefe ſchmerzenvolle Gluͤck, Des Haſſes Kraft, die Macht der Liebe, Gieb meine Jugend mir zuruͤck! Luſtige Perſon. Der Jugend, guter Freund, bedarfſt du allenfalls Wenn dich in Schlachten Feinde draͤngen, Wenn mit Gewalt an deinen Hals Sich allerliebſte Maͤdchen haͤngen, Wenn fern des ſchnellen Laufes Kranz Vom ſchwer erreichten Ziele winket, Wenn nach dem heftgen Wirbeltanz Die Naͤchte ſchmauſend man vertrinket. Doch ins bekannte Saitenſpiel Mit Muth und Anmuth einzugreifen, Nach einem ſelbgeſteckten Ziel Mit holdem Irren hinzuſchweifen, Das, alte Herrn, iſt eure Pflicht, 2

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Faust. Eine Tragödie. Tübingen, 1808, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_faust01_1808/23>, abgerufen am 29.03.2024.