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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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73.

Zuletzt aber werden sie weiß, wenn die Nahrung
in denselben ausgekocht wird, ehe das Feuchte schwarz
werden kann. Dieß ist am sichtbarsten bey Thieren,
welche unter dem Joche gehen. An solcher Stelle wer-
den die Haare durchaus weiß; denn es kann daselbst
die Nahrung nicht gleichförmig angezogen werden, und
bey einer schwachen Wärme vertrocknet die Feuchtigkeit
zu geschwind und wird weiß.

74.

Um die Schläfe werden die Haare am frühesten
grau, so wie überhaupt an schwachen und leidenden
Stellen.

Vorzüglich aber gehen Geschöpfe, wenn sie ausar-
ten, in diese Farbe hinüber. So gibt es weiße Haa-
sen, weiße Hirsche und Bären, auch kommen weiße
Wachteln, Rebhühner und Schwalben vor. Dieses
alles geschieht bey einer schwachen Zeugung und wegen
Mangel von nährendem Stoff, der zu früh austrocknet,
und so werden sie weiß.

75.

So sind auch anfangs die Kopfhaare der Kinder
weiß, die Augenbraunen und Wimpern. Nicht weniger
erfährt auch jedermann im Alter, daß sich die Haare
bleichen, wegen Schwäche und Mangel an Nahrung.

76.

Deßhalb sind auch meistentheils die weißen Thiere
schwächer als die schwarzen; denn ehe ihr Bau vollen-

II. 4
73.

Zuletzt aber werden ſie weiß, wenn die Nahrung
in denſelben ausgekocht wird, ehe das Feuchte ſchwarz
werden kann. Dieß iſt am ſichtbarſten bey Thieren,
welche unter dem Joche gehen. An ſolcher Stelle wer-
den die Haare durchaus weiß; denn es kann daſelbſt
die Nahrung nicht gleichfoͤrmig angezogen werden, und
bey einer ſchwachen Waͤrme vertrocknet die Feuchtigkeit
zu geſchwind und wird weiß.

74.

Um die Schlaͤfe werden die Haare am fruͤheſten
grau, ſo wie uͤberhaupt an ſchwachen und leidenden
Stellen.

Vorzuͤglich aber gehen Geſchoͤpfe, wenn ſie ausar-
ten, in dieſe Farbe hinuͤber. So gibt es weiße Haa-
ſen, weiße Hirſche und Baͤren, auch kommen weiße
Wachteln, Rebhuͤhner und Schwalben vor. Dieſes
alles geſchieht bey einer ſchwachen Zeugung und wegen
Mangel von naͤhrendem Stoff, der zu fruͤh austrocknet,
und ſo werden ſie weiß.

75.

So ſind auch anfangs die Kopfhaare der Kinder
weiß, die Augenbraunen und Wimpern. Nicht weniger
erfaͤhrt auch jedermann im Alter, daß ſich die Haare
bleichen, wegen Schwaͤche und Mangel an Nahrung.

76.

Deßhalb ſind auch meiſtentheils die weißen Thiere
ſchwaͤcher als die ſchwarzen; denn ehe ihr Bau vollen-

II. 4
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[49/0083] 73. Zuletzt aber werden ſie weiß, wenn die Nahrung in denſelben ausgekocht wird, ehe das Feuchte ſchwarz werden kann. Dieß iſt am ſichtbarſten bey Thieren, welche unter dem Joche gehen. An ſolcher Stelle wer- den die Haare durchaus weiß; denn es kann daſelbſt die Nahrung nicht gleichfoͤrmig angezogen werden, und bey einer ſchwachen Waͤrme vertrocknet die Feuchtigkeit zu geſchwind und wird weiß. 74. Um die Schlaͤfe werden die Haare am fruͤheſten grau, ſo wie uͤberhaupt an ſchwachen und leidenden Stellen. Vorzuͤglich aber gehen Geſchoͤpfe, wenn ſie ausar- ten, in dieſe Farbe hinuͤber. So gibt es weiße Haa- ſen, weiße Hirſche und Baͤren, auch kommen weiße Wachteln, Rebhuͤhner und Schwalben vor. Dieſes alles geſchieht bey einer ſchwachen Zeugung und wegen Mangel von naͤhrendem Stoff, der zu fruͤh austrocknet, und ſo werden ſie weiß. 75. So ſind auch anfangs die Kopfhaare der Kinder weiß, die Augenbraunen und Wimpern. Nicht weniger erfaͤhrt auch jedermann im Alter, daß ſich die Haare bleichen, wegen Schwaͤche und Mangel an Nahrung. 76. Deßhalb ſind auch meiſtentheils die weißen Thiere ſchwaͤcher als die ſchwarzen; denn ehe ihr Bau vollen- II. 4

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 49. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/83>, abgerufen am 21.11.2024.