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Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810.

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59.

Dieses bewährt sich aber auf vielerley Weise. Denn
einige Früchte verändern, mit der fortschreitenden Ko-
chung, sowohl Farbe als Geruch und Geschmack. Auch
ist hierin zwischen Blume und Frucht oft ein großer
Unterschied.

Ja, an einer und derselben Blume bemerkt man
eine solche Mannigfaltigkeit, indem das eine Blatt
schwarz, das andere roth, das eine weiß, das andere
purpurfarb seyn kann, welches auffallend an der Iris
gesehen wird; denn, wegen mannigfaltiger Kochung,
hat diese Blume die verschiedensten Farben.

Ein gleiches geschieht an den Trauben, wenn sie
reifen.

Auch werden die Enden der Blumenblätter am
meisten ausgekocht, denn da, wo sie am Stiel ansitzen,
sind sie weniger gefärbt.

60.

Fast wird auch an einigen das Feuchte gleichsam aus-
gebrannt, ehe es seine eigentliche Kochung erreicht; da-
her behalten die Blumen ihre Farbe, die Früchte aber
bey fortschreitender Kochung verändern die ihrige.
Denn die Blumenblätter sind, wegen der geringen Nah-
rung, gleich durchgekocht; die Früchte aber lassen sich,
wegen der Menge Feuchtigkeit, die in ihnen wohnt,
beym Auskochen, durch alle Farben durchführen, die
ihrer Natur gemäß sind.

Etwas Aehnliches geschieht, wie schon vorher gesagt
worden ist, auch beym Färben. Denn im Anfang,

59.

Dieſes bewaͤhrt ſich aber auf vielerley Weiſe. Denn
einige Fruͤchte veraͤndern, mit der fortſchreitenden Ko-
chung, ſowohl Farbe als Geruch und Geſchmack. Auch
iſt hierin zwiſchen Blume und Frucht oft ein großer
Unterſchied.

Ja, an einer und derſelben Blume bemerkt man
eine ſolche Mannigfaltigkeit, indem das eine Blatt
ſchwarz, das andere roth, das eine weiß, das andere
purpurfarb ſeyn kann, welches auffallend an der Iris
geſehen wird; denn, wegen mannigfaltiger Kochung,
hat dieſe Blume die verſchiedenſten Farben.

Ein gleiches geſchieht an den Trauben, wenn ſie
reifen.

Auch werden die Enden der Blumenblaͤtter am
meiſten ausgekocht, denn da, wo ſie am Stiel anſitzen,
ſind ſie weniger gefaͤrbt.

60.

Faſt wird auch an einigen das Feuchte gleichſam aus-
gebrannt, ehe es ſeine eigentliche Kochung erreicht; da-
her behalten die Blumen ihre Farbe, die Fruͤchte aber
bey fortſchreitender Kochung veraͤndern die ihrige.
Denn die Blumenblaͤtter ſind, wegen der geringen Nah-
rung, gleich durchgekocht; die Fruͤchte aber laſſen ſich,
wegen der Menge Feuchtigkeit, die in ihnen wohnt,
beym Auskochen, durch alle Farben durchfuͤhren, die
ihrer Natur gemaͤß ſind.

Etwas Aehnliches geſchieht, wie ſchon vorher geſagt
worden iſt, auch beym Faͤrben. Denn im Anfang,

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[44/0078] 59. Dieſes bewaͤhrt ſich aber auf vielerley Weiſe. Denn einige Fruͤchte veraͤndern, mit der fortſchreitenden Ko- chung, ſowohl Farbe als Geruch und Geſchmack. Auch iſt hierin zwiſchen Blume und Frucht oft ein großer Unterſchied. Ja, an einer und derſelben Blume bemerkt man eine ſolche Mannigfaltigkeit, indem das eine Blatt ſchwarz, das andere roth, das eine weiß, das andere purpurfarb ſeyn kann, welches auffallend an der Iris geſehen wird; denn, wegen mannigfaltiger Kochung, hat dieſe Blume die verſchiedenſten Farben. Ein gleiches geſchieht an den Trauben, wenn ſie reifen. Auch werden die Enden der Blumenblaͤtter am meiſten ausgekocht, denn da, wo ſie am Stiel anſitzen, ſind ſie weniger gefaͤrbt. 60. Faſt wird auch an einigen das Feuchte gleichſam aus- gebrannt, ehe es ſeine eigentliche Kochung erreicht; da- her behalten die Blumen ihre Farbe, die Fruͤchte aber bey fortſchreitender Kochung veraͤndern die ihrige. Denn die Blumenblaͤtter ſind, wegen der geringen Nah- rung, gleich durchgekocht; die Fruͤchte aber laſſen ſich, wegen der Menge Feuchtigkeit, die in ihnen wohnt, beym Auskochen, durch alle Farben durchfuͤhren, die ihrer Natur gemaͤß ſind. Etwas Aehnliches geſchieht, wie ſchon vorher geſagt worden iſt, auch beym Faͤrben. Denn im Anfang,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Zur Farbenlehre. Bd. 2. Tübingen, 1810, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_farbenlehre02_1810/78>, abgerufen am 26.04.2024.